4. Historisches Fest im Schloss Neugebäude
(18. September 2010)
In Eggenburg auf den Geschmack gekommen, beschlossen wir kurzentschlossen am folgenden Wochenende das beständig schöne Wetter auszunüztzen, um ein weiteres Mittelalterfest - diesmal in unserer nächsten Umgebung - zu besuchen. Die Wahl fiel uns nicht ganz leicht, fanden doch zeitgleich zwei solche Veranstaltungen, nämlich auf der Hochramalpe in Gablitz und im Schloss Neugebäude, statt. Schließlich entschieden wir uns für das Schloss, wo, wie aus der Vorankündigung zu entnehmen, auch Führungen durch die beeindruckend großen Hallen stattfinden sollten.
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Mit der beabsichtigten Teilnahe an einer Führung, soviel sei vorweggenommen, wurde es nichts. Nicht, weil keine Führung stattgefunden hätte, sondern weil wir von der Fülle und der Qualität des angebotenen Programms schlichtweg überrumpelt wurden. Vorerst schien sich zwar das relativ späte Eintreffen am Nachmittag als richtige Wahl zu erweisen, begegneten wir zwar auf dem Weg zum Schloss und im äußeren Hof einer Menge an Gaffern jedoch kaum mittelalterlich Gewandeten. Auch der äußere Hof bot das übliche Bild, das kaum auf ein historisches Fest hindeutete.
Macht nichts, dachten wir uns, das kennen wir hier doch so bereits von unseren Besuchen der letzten Jahre. Also zwängten wir uns so rasch uns dies möglich war an den Besucherströmen vorbei, durch das Nadelöhr Tor in den Inneren oder zweiten Hof hinein. Und tatsächlich - hier, im Schatten der beeindruckenden, wenn auch bedauerlicherweise etwas heruntergekommenen Schlossfassade, begegnete uns dann das pssende Festambiente. Hier reihte sich Stand an Stand, Zelt an Zelt und nicht nur in den Lagern, sondern auch unter den Zuschauermassen fanden sich endlich auch manch Gewandete.
Dann fielen uns, bildlich gesprochen, fast die Augen aus den Höhlen, als wir nämlich das Schaulager von Castra Vita erblickten, eines wohl mehrheitlich bayrischen Vereins, dessen Mitglieder sich aber aus ganz Deutschland rekrutieren. Seltsam, hatten wir vor dem Besuch gedacht, dass sich ein Veranstalter das Lager von so ferne zu seinem Fest holt - doch als wir die Besichtigungstour antraten, wurde uns klar warum. Die geschätzten fünfzehn Zelte, die Castra Vita aufgebaut hatte, waren nämlich alle äußerst liebevoll und detailgetreu aufgebaut und wurden ohne Ausnahme als Schauzelte präsentiert, die man als Besucher nach Lust und Laune betreten konnte, obwohl die guten Recken und Maiden dortselbst die Nächte zu verbringen hatten ...
Also gab es weder Luftmatrazen zu sehen, noch Kunststoffplanen oder ähnliches Material, dass an die Neuzeit gedenken lässt. Stattdessen viele liebevoll angehäufte Details, im Herrenzelt, wie sich dies gebührt, mehr davon denn in der einfachen Gesindeunterkunft. Und Steckbetten, die, laut Auskunft, so vieles andere aus eigener Produktion stammten und die auf uns den Eindruck äußerst komfortabler Schlafstellen machten. Nun ist es tatsächlich so, dass in mittelalterlichen Zeiten die Herren mit ihrem Lebensstil zu protzen pflegten. Aber, liebe Maiden von Castra Vita, war es tatsächlich nötig, uns mit eurer Zeltausstattung einen derartigen Minderwertigkeitskomplex zu verpassen?
Daneben gab's dann noch das große Sonnensegel mit dem gezogenen Holzpferd zum Kinderringestechen, Gemeinschaftszelte und gar eine mobile Kapelle, ebenfalls in Zeltform, versteht sich - wie es dem Lebensstil eines begüterten Herrn eben zusteht. Weil wir gerade von den Herren sprechen. Wo trieben sich denn die gerade herum? Erraten - sie schlugen sich draußen beim Schaukampf gerade die Schilder krumm. Und das wortwörtlich, kamen doch neben Schwertern und Schlagholz auch solche martialischen Sportgeräte wie die Axt und der Morgenstern zum Einsatz. Da fehlt, dachten wir uns während der durchaus humorvoll gestalteten Vorführung, gerade noch das Erste-Hilfe Zelt im Lager!
Kaum war das Gezänke der Herren beendet, so dass wir aufzubrechen gedachten zur angesprochenen Führung, lief uns schon ein wilder Haufen Spielleute über den Weg, die sich uns im anschließenden Gespräch als jener Teil der Gruppe Ataxata vorstellte, der für die unverstärkten Auftritte im Marktgelände zuständig ist - und dies durchaus gekonnt, denn, Schockschwerenot, ihre Liederauswahl und die zugehörige Interpretation ließ uns mehr als einmal lachen. Auch wenn man an dieser Stelle erwähnen muss, dass wir uns nackte Elfenmaiden normalerweise eher ohne Zottelbart und tiefe Stimme vorstellen. Soferne wir uns solches überhaupt jemals vorstellen, was wir, ja meine liebe Gattin, die du das ja auch lesen wirst, niemals nicht machen würden - um bei der bayrischen, doppelten Verneinung zu bleiben ...
Übrigens, diese 'unplugged' Gruppe von Ataxata trat im Schloss Neugebäude zum ersten Mal in dieser Form auf - besonders bemerkenswert darum die Qualität des Dargebotenen. Eine nette Plauderei mit dem Sänger, einige Bekannte begrüßt, ein oder mehrere Abstecher zu den ebenfalls sehr schön gestalteten Verkaufsständen. Erschrecken! Ein Blick auf die Uhr - äähh, meinte natürlich auf den Sonnenstand -, Führung versäumt! Egal, ein paar Schritte weiter wartete schon die nächste Attraktion und dann gleich wieder eine ...
Da musizierte Arnulf mit den Schandgesellen und begeisterte die Zuhörerschaft, da gab es die Gaukelei von Halibux zu bewundern oder die zauberhaften Tanzvorführungen von Festum Aertum, deren Jungen und Maiden wir zugegebenermaßen nur beim Aufwärmen und beim (ausführlichen) Schminken beobachten konnten, da gab's die Musik von Fatzwerk, und ... und ... und ..
Ei ausführliches erschöpfende Programm also, wie der geneigte Leser dieser Zeihlen unschwer erahnen kann, insbesondere dann, wenn man selbst zum begehrten Fotoobjekt wird und die eigene Jugend mit den Poi nicht nur Besucher sondern auch Fernsehen und Presse begeistert. Aber, meine lieben Eltern, auch ihr wisst es sicher zu schätzen, wenn sich denn der Nachwuchs hinreichend erschöpft, auf dass die bevorstehnde Nacht eine angenehme werde.
Genau solches geschah denn auch und so saßen wir dann nach Einbruch der Dunkelheit, das leckere Fladenbrot zwischen den Händen, vor der Bühne im äußeren Hof und bestaunten und belachten das gekonnte Auftreten von Gaukler Alex, der als mittelalterlicher Chaplinverschnitt Kugel, Keulen aber auch eine ganze Bank zu seiner unverwechsebaren Musik zum Tanzen brachte. Anschließend genassen wir noch das abschließende Bühnenkonzert von Ataxata und bemerkten, dass dieses, so wie der ganze Tag am Gelände, viel zu rasch verflogen war. Ein gutes Kriterium für ein Fest, wenn dir denn solches widerfährt!
Also hieß es dann wohl aufbrechen. Aber halt - nicht so hurtig. Zuvor wollen wir doch noch einmal Lager uns Stände im Inneren Hof besuchen. Denn jetzt, nachdem sich die Besucherströme verlaufen hatten, mussten doch Stille und Beschaulichkeit vor den Lagerfeuern und Kerzen eingekehrt sein. Und so zeigte es sich auch und unter dem Licht der etwa zweihundertfünfzig bis dreihundert entzündeten Kerzen (laut Eigenaussage) erstrahlte Castra Vitas Schaulager erst so richtig zu seiner ganzen Pracht. Beeindruckend!
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