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Erbeer-Topfenschnitte
Der Sommer ist da: Sengende Hitze zur Mittagszeit, brütende, schweißtreibende Schwüle bis weit in die Mitternacht hinein; wie matt liegt da manch wackerer Rittersmann in seiner Bettestatt, wo er sich doch viel mehr der Erbauung seiner hehren Frouwe oder des ob so viel erschöpfter Untätigkeit schmollenden Mägdeleins kümmern sollte ...
Gerade zur rechten Zeit eilen wir euch, ihr müden Recken, mit einem Vorschlag aus unserer Garküche zur Hilfe, der euch viel des Ungemachs ersparen mag, denn ihr euch da einhandelt, wenn ihr vor dem zu Bette gehen zum Zwecke des Muskelerhalts noch die eine oder andere Wildschweinkeule benagt und anschließend - vom üppigen Schwalle bernsteinbraunen Malzensaftes begleitet - das siebente unschuldige Täubchen zu Gemüte führt.
Nein, nein, in der heißen Jahreszeit bedarf es ganz anderer Leckereyen, solcher von süßer Leichtigkeit und Verführungskraft, um eure Leistungsfähigkeit auch dort noch zu erhalten, wo der Feind die Streitaxt abgelegt und stattdessen mit schmeichelnder Stimme und verführerischer Gestalt auf euch eindringt - schließlich gilt es, standhaft zu bleiben ...
Überrascht also euer Mägdeleyn indem ihr sie anstatt zum sonntäglichen Trebuchetschießen in die schattenkühle, wohlduftende Waldeinsamkeit entführt, um dort mit ihr gemeinsam die roten süßen Früchte zu brechen - denn, ja, es ist Erdbeerzeit!
Und wenn sie euch dann mit dunkler, samtweich vibrierender Stimme fragt, was ihr denn begehrt von ihr, an diesem einsam-abgelegenen Ort, dann weist sie an, - hurtig, hurtig! - noch mehr von den sündhaft roten Beeren zu sammeln, in die Küche eures festen Hauses zurück zu eilen und euch dort das folgende anregende Rezeptleyn für den schwülen Tag und die heiße Nacht zu bereiten:
Hurtig also, Mägdeleyn, auf dass euer Recke nicht länger darben muss, ...
... nimm an Zutaten (wenn er denn recht in Stimmung kommen soll ob all der Süße, die ihm ums Maul gerieben wird) :
... für den Boden (der Schnitte, nicht der Küche!):
Trennt erst die Eier - nicht in zwei Gruppen zu vier, oder in drei zu drei -, sondern in Eiklar und Dotter; Eierschalen im Teig stärken zwar seine Knochen, schwächen jedoch seine Laune - auf die verzichtet ihr besser!
Schlagt dann - ja, ihr dürft und sollt dabei ruhig an ihn denken, der da am fernen Born im Walde rastet! - den Schnee recht schön steif und rührt die Mischung aus Zucker und Dotter in den Schnee ein; eines Siebes bedarf es anschließend, um das Mehl in die Masse unterzuheben.
Die bereitet gleichmäßig auf ein großes Blech, das ihr anschließend noch in den Kamin zu schieben habt, wo sie in gut 20 Minuten bei rund 175° zum flaumigen Schnittenboden sich verwandeln mag. Währenddessen schmollt ihr nicht, denn dazu ist keine Zeit, benötigt euer verführerisches Werk doch noch der ...
... Topfenauflage, für die es folgender Zutaten bedarf:
Während also der Boden im Ofen die alchemistische Verwandlung erfährt, trennt ihr erneut die Eier - habt gut acht, denn nun sind es zwölfe, also reichen zwei Vierergruppen nicht mehr aus, da bleiben immer noch drei übrig! - und verrührt die Dotter, den Topfen, den Sauerrahm, die weiche Butter und - wichtig! - das Innere der seltenen Schote und den Zucker zur fein-verführerischen Masse; reibt noch etwas Schale der Zitrusfrucht in den Teig - doch achtet darauf, nicht zuviel von alldem zu naschen, während ihr dies tut, auf dass sich eure schlanke Gestalt nicht mehr und mehr in seine Reckenstatur verwandle.
Währenddessen ist wohl das Blech mit dem goldigen Boden bereits aus dem Ofen und abgekühlt; schon könnt ihr den Schnee unter die Topfenmasse heben und die Masse - nein, nur die Hälfte der Masse auf den Boden auftragen, den es bedarf nun noch der gewaschenen süßen Erdbeeren als sündig-süßer Zwischenschicht. Vollendet nun das Ganze, indem ihr die Beeren mit dem Rest der Masse abdeckt.
Hinein in den Ofen und zart bräunen lassen - den Teig bei wiederum 175°, dich selbst auf der unbeobachteten obersten Plattform des Turms, auf dass dort einzig die Wanderfalken ihr scharfes Auge auf deine nackten Fußsohlen richten mögen.
Und wenn dann dein Liebster, zurückgekehrt aus der Waldeskühle, endlich vor der hochgezogenen Brücke steht und dort Einlass begehrt, wink ihm so, wie du bist, zwischen den Zinnen vom Turm herab ... und überleg' es dir, ob er denn überhaupt verdient hat, an all dem Süßen zu naschen, das sich da bräunt, im Ofen und auf dem Turm ...
Schlussendlich lass ihn ein, denn wie guter Braten darf auch der Liebste nicht zu lange schmoren, ansonst er zähe wird ...
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