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Der Fenchel
'Ich bringe dem Glückskind Engelwurz, die bewahrt den Menschen vor Wollust,
und Fenchel, der vertreibt den Teufel'
(Tyll Ulenspiegel)
'Nec maratri taceatur honor, quod stipite forti
Tollitur, et late ramorum brachia tendit,
Dulce satis gustu dulcem satis addit odorem.
... '
'Auch sei der Ruhm des Fenchels nicht verschwiegen, der mit kräftigem Spross emporwächst und die Arme der Zweige weit ausstreckt; er schmeckt ziemlich süß und verbreitet auch recht süßen Duft. Wenn Schatten die Augen verdunkeln, soll er nützlich sein; auch soll sein Samen, getrunken mit der Milch einer Mutterziege, Blähungen im Bauch lindern , soll auch prompt die Verstopfung des zaudernden Leibes lösen, Zudem vertreibt die Wurzel des Fenchels, vermischt mit Lenaeischem Trank, den keuchenden Husten. '
(Aus Walahfried Strabo: 'De cultura hortorum' (Über den Gartenbau))
Wer kennt ihn nicht, den charakteristischen Geschmack und Geruch des segenwirkenden Fencheltees, der - vielleicht noch untermischt mit Kümmel und Anis - uns schon im Kleinkindalter von schlimmem Bauchgrimmen und unsere Eltern von nervaufreibendem Geschrei befreit hat? Aber das ist beleibe nicht alles, was dieser Pflanze an Nützlichem zu entringen ist. Höret also ...
Der Fenchel (lat.: foeniculum, griech.: maratron) war bereits im Altertum wohlbekannt. Ursprünglich im Mittelmeerraum und in Vorderasien beheimatet, wurde er ob seine vielen gesundheitsfördernden Eigenschaften schon bald in anderen Gegenden kultiviert. So finden sich Fenchelrezepte in der indischen, aber auch altchinesischen Küche wieder und die Aufnahme in Wahlafrids Werk über den Gartenbau beweist, dass die Pflanze auch nördlich der Alpen in den Klöstergarten des 8. Jahrhunderts heimisch war. Wen wundert's, angesicht der römischen Vergangenheit auch unserer Gegenden ...
Zu verwenden ist der Fenchel vielgestaltig: Da sind einmal die Knollen, die im Salaten und als Gemüse zu verwenden sind (aber auch in ausgefallener Form, etwa karamellisiert mit Ziegenkäse); die Samen sind mit denen des Anis vergleichbar (auch geschmacklich - süß - wohl der Hauptgrund dafür, dass manche Sprachen nicht zwischen Fenchel und Anis unterscheiden), und finden als Gewürz aber auch in Kräutertees Verwendung. Wegen ihres reichen Gehalts an ätherischen Ölen verschaffen sie sowohl Linderung bei Magen- und Darmbeschwerden (Blähungen, Bauchgrimmen und dergleichen Unappetitlichkeiten mehr) als auch bei Atemwegsbeschwerden, wo sie schleimlösend wirken. Fenchelpollen werden schließlich als Engelsgewürz vermarktet - sehr aromatisch, süß - und teuer.
Fenchel findet sich vor allem in der mediterranen Küche wieder - dort als Gewürz (für uns vielleicht etwas ungewohnt) auch in Pastagerichten, zu Hühnerfleisch, aber wie bereits erwähnt auch als Gemüse. Besonders gut eignet sich der Fenchel zum Würzen von Fisch und Meeresfrüchten. Für dir, deren Magen gerade knurrt, hier eine kleine Auflistung an Gerichtvorschlägen: Mediterranes überbackenes Huhn mit Champignons und Fenchel, Lachs mit grünem Spargel und Fenchel vom Blech, Ofenfenchel mit Tomatenragout, Fenchelgemüse mit Orange, Schweinsfilet mit Senfkruste und mediterranem Gemüse ...
Hört sich doch gut an, nicht wahr? Und sollte aufgrund dieser Aufzählung heftiges Rumoren in der Bauchgegend eingesetzt haben, dann kann man es ja mit einem Blick in den Kühlschrank versuchen. Oder, soferne dieser leer ist, mit einer beruhigenden Tasse Fencheltee. Nun, wir von Sælde und êre wollen es aber nicht bei den allbekannten Anwendungen des Fenchels belassen. Wie immer haben wir in den alten Büchern und Schriftrollen nachgegraben, um etwas zu finden von der verborgenen Wirkung des Krautes - schließlich beschäftigen wir uns ja gerade an anderer Stelle mit alten Zaubermitteln. Lasst uns also sehen, was es bei den Alten über die Wirkungen des Fenchels zu erkunden gibt:
Wie viele stark riechende Pflanzen gilt auch der Fenchel als Mittel gegen Dämonen; so wird er im angelsächsischen Neunkräutersegen, wohl in Fortführung einer antiken Überlieferung als mächtiges Kraut bezeichnet. In einem angelsächsischn Arzneibuch wiederum wird er als Bestandteil eines Heiltrankes gegen den Teufel benötigt.
Wem hingegen die Zwerge in Haus und Keller zuviel Schabernack treiben, der mag sie gemäß deutscher Volkssage mit Fenchel vertreiben (wie übrigens manch lästiges Kindlein auch). Und zusammen mit anderen zauberwehrenden Mitteln ist er gut fürs Gedeihen der Saat. In der Johannisnacht bestreiche man damit Hörner und Euter der Kühe oder hänge in an Türen und Fenster.
Wenn es ans Augenlicht geht, und die Blattern im Auge sitzen, dann siede man Fenchelsaft mit dem Harn eines gesunden Knaben im kupfernen Geschirr zur Hälfte ein und träufle davon tagsüber mehrmals ins erkrankte Auge ...
... wir von Sælde und êre würden allerdings an dieser Stelle den Gang zum Augenarzt empfehlen.
Und was ist nun der Lenaeischem Trank -liquori Lenaeo-, von dem Walahfried anfangs sprach? Kelter-Saft, also Wein, ist damit gemeint. Praktisch, ein wenig Fenchel untergemischt, und schon geht das Ganze als Mittel gegen Husten durch.
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