Eine festliche Menüfolge
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Festbankette begleiteten im Mittelalter stets wichtige politische und gesellschaftliche Ereignisse, wie dies etwa Verlobungen und Vermählungen, Schwertleiten, Turniere, Hoftage und dergleichen mehr sein konnten. Neben den bei diesen Veranstaltungen dar- gebotenen Attraktionen, der Zurschaustellung wertvoller Kleidung und Ausstattung, sowie der Geschenke, die man den Festgästen zum Abschluss des Festes überreichte, streng der Bedeutung und dem Rang des Empfängers angepasst, boten vor allem auch die servierten Speisen dem ausrichtenden Herren die Möglichkeit, eigenen Reichtum und gesellschaftlichen Rang zu demonstrieren.
Daher wurden bei Banketten reicher Gastgeber stets mehrere Gänge serviert, die ausgewählte Speisefolgen boten. Die Zubereitung dieser Speisen stellte an die Kunstfertigkeit des Küchenmeisters große Anforderungen. Galt es bei diesen Gelegenheiten doch nicht einfach nur Gerichte zu servieren, die auserlesenen Geschmackes waren, sondern neben dem Geschmacksinn auch Auge und Nase zu erfreuen. Jeder Küchenmeister suchte und hatte auch den Auftrag die Gäste durch raffinierte Arrangements der Speisen zu überraschen.
Oftmals nahmen die Vorbereitungen zu einem derartigen Festmahl mehrere Wochen in Anspruch. War eine große Anzahl an Gästen zu erwarten, dann mussten die heimischen Küchenkräfte durch das Engagement auswärtiger Köche verstärkt werden. Die Planung der Gerichtefolge, die Besorgung der notwendigen Lebensmittel und Gewürze, der Dekorationsmaterialien machten eine ausreichend lange Vorbereitungszeit notwendig. Vielleicht suchte man sogar Spezialisten anzuwerben, die Erfahrung mit der Ausrichtung solcher Ereignisse hatten, zusätzliche Köche und Hilfspersonal.
An Lebensmittel kam alles das in Frage, was der Adel (oder später auch das städtische Patriziat) auf seinem Speisezettel vorzufin- den liebte, nur in verfeinerter, aufwendigerer und üppigerer Form als beim gewöhnlichen Mahl in der heimischen Burg oder im reich- en Bürgerhaus. Also vielerlei Fleisch, darunter natürlich auch Wildbret, war doch Jagd das Vorrecht der Oberschicht. Natürlich fand sich auch Fisch und Käse (etwa in geriebener Form oder als Bestandteil von einer Art Omlette zu der noch Eier und Kräuter beitru- gen). Eier waren ebenfalls beliebt, vor allem wurden sie auch zur Herstellung von gewürzten und gesüßten Cremen oder Tränken verwendet.
Auch Vögel wurde gerne verzehrt, wobei die Vielfalt der servierten Zwitscherer bedeutend höher war als wir sie heutzutage am Küchentisch kennen. Insbesondere konnte bei großen Festen schon einmal neben der Gans oder Ente ein Schwan oder Pfau aufge- tragen werden. Doch man denke nicht, dass es dies schon gewesen wäre an Raffinesse. Häufig war nämlich das Innere eines solch bedauernswerten Opfers noch durch einen kleineren Leidensgenossen, etwa einen Fasan ausgefüllt, der selbst wiederum eine Tau- be enthielt, in der vielleicht noch ein Singvogel steckte. Dergleichen würde uns heutzutage etwas makaber anmuten, aber Vorlie- ben und Geschmäcker ändern sich nun einmal.
Vordergründig tierfreundlicher scheinen uns da schon jene Pasteten, von denen berichtet wird, dass ihnen, nachdem sie erwar- tungsfroh angeschnitten wurden, eine Schar von Singvöglen oder Tauben entschwebte. Allerdings konnte es sein, dass einer weiteren Pastete dann ein jagdlüsterner, weil pastetenunwilliger und daher hungriger Falke entflatterte, der den lieben kleinen Vögelchen vor den Augen der entzückten Festgäste den Garaus zu machen suchte. Mahlzeit.
Zwischen den Gängen wissen wir von manchem Zierrat, wie Schnitzwerk aus geschmolzenem Zucker, ein äußerst wertvolles Gut zur damaligen Zeit, in der man doch hauptsächlich mit Honig süßte, und von Obst und anderen Leckereien. Dabei war alles gut was auch teuer war, galt es doch dem Gastgeber seinen Reichtum zu demonstrieren. Reichlicher Gebrauch von orientalischen Gewür- zen, Safran, Pfeffer, Zimt, war da nur zu verständlich.
Als Beispiel für eine derartige Menüfolge eines mittelalterlichen Festereignisses, sei eine aus dem Jahre 1403 erwähnt, die bei einer königlichen französischen Hochzeit aufgetragen wurde. Wir lesen da von drei Fleischgängen und von drei Fischgängen, die serviert wurden, wobei stets ein Fleisch- und ein Fischgang nebeneinander aufgetragen wurden. Wer nun etwas enttäuscht bemerken möchte, dass sechs Gänge bei einer Königshochzeit doch wohl so aufregend nicht seien, dem sei gesagt, dass ein solcher Gang sich wiederum stets aus mehreren Teilgerichten zusammensetzte.
So startete bei besagter Hochzeit der erste Fleischgang mit einem mit den Stoßzähnen geschmückten Kopf eines wilden Ebers, der in einer scharfen Sauce mit Reisauflauf sowie Honig, Wein und Gewürzen serviert wurde. Danach folgten als leichtere Kost Vogel- getier, genauer junger Schwan, Huhn, Fasan und Reiher. Eine Nachspeise sowie eine Zuckerskulptur beschlossen den Gang.
Parallel dazu konnte man auch Schuppiges in Form des ersten Fischganges konsumieren. Nach Suppe, Salzfisch und gewürztem Neunauge standen dann Hecht, Brasse und gebratener Lachs auf dem Speiseplan desjenigen, der aus Fastengründen auf Fleisch verzichten musste. Ein kleines Fischpastetchen zur Auflockerung, dann in Teig Frittiertes sowie die obligatorische Zuckerskulptur - und schon war es vollbracht.
Allerdings nur die ersten beiden von insgesamt sechs Gängen. Zwei weitere Fisch- beziehungsweise Fleischgänge, ähnlich üppig, standen dann noch auf dem Programm. Und danach sollte der Bräutigam noch in der Lage sein, mit seiner frisch Angetrauten fröh- lich das Tanzbein zu schwingen und ihr schließlich auch eine schlaflose Nacht zu bereiten. Alle Achtung davor, was der mittelalter- liche Adelige alles zu leisten imstande war. Immerhin gab es damals noch keine Gesundenuntersuchungen mit Bestimmung der Blut- fettwerte ...
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