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Der Kerbel
'... Infirmis divisa licet Macedonia ramis
Spargitur, et crebris ignobile semen aristis...'
'Die du treulich mit heiligem Mund das ruhmreiche Gedächtnis so vieler Kriege besingst und so vieler bedeuten- der Taten,
fromme Erato, verschmähe es nicht, den bescheidenen Reichtum meiner Gewächse im Garten mit dir im Vers zu behandeln.
Mag auch der Kerbel, dies Kraut Mazedoniens, sich teilend, nur schwächliche Zweige ausbreiten, und mögen die zahlreichen Dolden nur geringe Samen liefern, so erneuert er sich doch das ganze Jahr hindurch und lindert durch üppige Gabe die Armut bedürftiger Leute.
Auch vermag dieses Kraut, das stets zur Hand ist, in leichter Gabe genommen, für gewöhnlich Blutwallungen im ganzen Körper zu dämpfen. Auch falls einmal der Leib von lästigen Schmerzen gequält wird, liefert der Kerbel Umschläge, die besonders trefflich wir- ken, wenn er sich noch Minze und Mohnblätter zugesellt.'
(Aus Walahfried Strabo: 'De cultura hortorum' (Über den Gartenbau))
Ursprünglich war das Kerbelkraut (lat.: cerfolium) im Orient, im Kaukasusgebiet und in Südeuropa be- heimatet - Walahfried gibt davon Zeugnis, indem er es in seinem Werk als 'mazedonisches Kraut titu- liert. Der Fund eines Korbes von Kerbelsamen im Grab des Pharaos Tut-ench-Amun zeigt, dass die aromatische Pflanze bereits im antiken Ägypten bekannt war.
In unsere Breiten fand das Kraut schon im Frühmittelalter Eingang, wobei ihm besonders in den Klö- stern eine große Bedeutung zukam: als vitaminreiche Zutat zu mancher Fastenspeise. Als günstig er- wies sich dabei die besondere Widerstandskraft der Pflanze gegenüber Frost, wodurch sie vor allen anderen Kräutern im Frühjahr ausgesät und geerntet werden konnte. Aber der Kerbel war, auch dies bezeugt Walahfried, ebenso ein Kraut, das auf dem Speiseplan der Bedürftigeren stand, und dort für die notwendigen Vitamine nach einem langen, entbehrungsreichen Winter sorgte.
In der Küche verwendet man den Kerbel, der im Geschmack an Petersilie, Anis oder Fenchel erinnert und der ein zartwürziges und süßlich-frisches Aroma besitzt, häufig bei der Zubereitung von frischen Früh- lings- und Kräutersuppen. Neben seinem Geschmack sind es wohl die appetitanregende Eigen- schaften, welche ihn dazu besonders geeignet erschienen lassen. Aber auch bei Aufstrichen, Fleisch- und Geflügelspeisen findet er durchaus seine Liebhaber. Und Fischgerichten verleiht er einen unver- kennbaren Charakter.
Aber nicht nur in der Küche, sondern auch als Heilpflanze schätzen ihn die Menschen des Mittelalters, wovon wiederum Walahfried Zeugnis gibt. Tatsächlich eignet sich das in der Pflanze enthaltene Vita- min C, um einen müden, noch halb von Winterschlaf umfangenen Kreislauf, wieder in Schwung zu bringen. Zum Vitamin gesellen sich noch Bitterstoffe und ätherische Öle, wodurch Nierentätigkeit und Verdauung angeregt werden ...
In der Volksheilkunde findet der Kerbel auch bei Osteoporose, Hautausschlägen, Schlaflosigkeit und Wasseransammlungen in den Beinen Einsatz. Gegen fette und unreine Haut soll ein Aufguss aus Ker- belblättern Abhilfe schaffen. Und bei Migräne soll er eine ebenso positive Wirkung zeigen wie bei Ge- dächtnisstörungen und .... ähh, was wollte ich jetzt noch sagen? Na, egal - man kann auch so er- kennen, dass es sich beim Kerbel um einen wahren Alleskönner handelt!
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