Speis und Trank im Mittelalter
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Legt man beim Auftritt auf Mittelalterfesten und ähnlichen Veranstaltungen Wert auf erhöhte historische Genauigkeit in der Dar- stellung, so gilt es auch bei Speis und Trank einige Regeln zu beachten!
Mit der Verbannung solcher Genuss- und Lebensmittel, die im mittelalterlichen Europa noch nicht bekannt waren (wie beispielswei- se Tomaten und Mais) ist es dabei noch nicht getan. Vielmehr ist bei der Speiseauswahl der Stand zu berücksichtigen, den man darzustellen beabsichtigt - gab es doch bei den Ernährungsgewohnheiten der unterschiedlichen Bevölkerungsschichten verständ- licherweise große Unterschiede. Aber auch die jeweiligen Epochen sind von Bedeutung dafür, was gegessen wurde.
So stellen wir von Saelde und Ere zumeist einen herrschaftlichen Haushalt aus dem Hochmittelalter (um ca. 1200) dar. Dies bietet den Vorteil einer großen Auswahl an Speisen und Getränken :-), stand doch auf dem Speiseplan des Adels sehr häufig Fleisch unterschiedlichster Sorten zur Auswahl, wie Rind, Schwein, Lamm, Ziege, allerlei Hofgeflügel wie Huhn, Truthahn, Gans oder Ente, Wild (Wildschwein, Dammwild, Bär, ...), Wildgeflügel (Wachteln, Auerhahn, Rebhuhn, ...) sowie verschiedene Wurstsorten und Speck.
Daneben wurde natürlich auch Fisch (Forelle, Salm, Karpfen, Aal, ...) gereicht. vornehmlich in der Fastenzeit, Brot aus verschie- denen Getreidesorten und vielerlei Arten von Gemüse (Sellerie, Karotten, Porre, Lauch, Gurke, Kürbis, Pastinaken ...) und einhei- mische Obstsorten (Birne, Apfel, Weintrauben, Zwetschken, Kirschen, Pfirsich, Melonen, Quitten, Beerenfrüchte) sowie solche, die importiert wurden, wie Feigen und Datteln, eventuell sogar Orangen und Zitronen.
Milcherzeugnisse wie Butter und Käse, Topfen und Joghurt fanden sich ebenfalls auf dem Speiseplan. Und schließlich vervollstän- digten süße Leckereien, wie Brezel und Kekse, Strudel, Hefegebäck, Kuchen und Torten häufig das adelige Festmahl, wobei meist mit Honig gesüßt wurde, während Zucker ein absolutes Luxusprodukt darstellte.
Gewürzt wurde übrigens sehr intensiv und scharf, wobei teilweise abenteuerlich anmutende Gewürzkombinationen zum Einsatz ka- men, die einem neuzeitlichen Gourmet vermutlich den Rauch aus den Ohren treiben würde. So finden sich in allen damaligen Lebku- chenrezepten große Mengen von Pfeffer, woher ja auch die Bezeichnung Pfefferkuchen rührt. Da verwundert es nicht, dass manch guter Schluck getan ward, um die Schärfe zu ertragen. Dies geschah an den adeligen Tafeln vornehmlich mit Wein, während Bier eher das Getränk von Bürger und Bauer war.
Ausgehend von den großen Höfen verbreitete sich in jener Zeit zunehmend die Idealidee vom christlichen Ritter innerhalb der ade- ligen Schicht, die Vorstellung vom Recken, der Kirche, Witwen und Waisen und natürlich vor allem auch hübsche, bedrängte Damen beschützen sollte. Zu dieser Idealvorstellung, wie sie in der höfischen Literatur jener Zeit am deutlichsten in den Romanen um die Artusrunde zum Ausdruck kommt, gehörten auch verfeinerte Umgangsformen und Verhaltensregeln - unter anderem bei Tische, was sich in den erhaltenen Tischzuchten jener Zeit wiederspiegelt. Gespeist wurde üblicherweise mehrmals am Tage mit den Hauptmahlzeiten am Vormittag und am Abend.
Im Gegensatz zur Tafel des Herrn war der Tisch des Bauern zumeist kärglich gedeckt. Zu allem Übel drohten dazu jederzeit Hun- gersnöte, ausgelöst durch Missernten oder Verwüstungen in den häufigen Fehden der adeligen Herrn untereinander. Daher rührt auch die Wunsschvorstellung eines Lebens im Schlaraffenland, mit seinen nie versiegenden Gaumenfreuden.
Zumeist bestand die Nahrung des 'tumben gebur' aus Brot, Brei oder Gemüse - wurden doch die Bauern vom Adel gerne abschätzig als Kraut- und Rübenfresser bezeichnet. Eingenommen wurde die einzige Hauptmahlzeit des Tages am Abend nach erledigter Feld- arbeit. Fleisch stand, wenn überhaupt, nur an hohen kirchlichen Festtagen auf dem Speiseplan, häufiger musste man sich mit Kräutersuppen begnügen. Jagdrechte besaß nur der Herr oder dessen Beauftragte - wer beim Wildern ertappt wurde, musste mit schwerer Bestrafung rechnen ...
Innerhalb der Stadt gab es große Unterschiede bei der Ernährung: Der Speiseplan eines reichen Handelsherrn - eines sogenannten 'Pfeffersackes' - oder eines Ratsherrn dürfte dem eines adeligen Herrn ziemlich geähnelt haben, während Gesellen und Mägde dem Treiben ihrer Herrschaften wohl zumeist nur neidvoll zublicken konnten und mit deutlich einfacherer Nahrung vorliebnehmen muss- ten. Ganz zu schweigen von Bettlern, Tagelöhnern und fahrendem Volk ...
Ein eigenes Kapitel stellen geistliche Herren und Ordensangehörige dar, welche nicht immer dem christlichen Ideal von Armut und Einfachheit folgten, was sich auch bei Tische niederschlug ...
Abschließend sei eine Anmerkung erlaubt: Hundertprozentige historische Genauigkeit wird nie erreichbar sein - dazu ist die Quell- lage in vielen Bereichen zu ungenau. Stellt man daher keine zu großen Anforderungen an die (ohnedies nie erreichbare) Authen- tizität, dann spricht auch nichts gegen den einen oder anderen historischen 'Fehltritt' (wenn es denn nicht gerade die Pizza mit Cola ist) - Hauptsache es mundet. Also denn Mahlzeit!
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