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Das Minzkraut
'Nec mihi defuerit vulgaris copia mentae
Multa per et genera et species diversa coloresque
Et vires. ...'
'Auch darf mir nie ein Vorrat an gewöhnlicher Minze fehlen, die viele verschiedene Arten und Sorten und Farben und Kräfte aufweist. Eine nützliche Art dieser Minze vermag es, wie man meint, rauer Stimme wieder klaren Klang zurückzugeben, wenn einer, den häufig Heiserkeit quält und belästigt, auf nüchternen Magen ihren Saft trinkt. Auch gibt es eine andere Art dieser Pflanze, die nicht mehr wie ein kleines Gewächs nur geringen Schatten verbreitet, sondern nach Art des Holunders mit kräftigem Stengel nach oben strebt und die mächtigen Schwingen der Blätter nach allen Seiten ausbreitet; diese riechen aber anders, und ihr Aufguss schmeckt ein wenig herber. Wenn aber einer Kräfte, Arten und Namen der Minze vollständig aufzählen kann, der weiß mit Sicherheit auch, wie viele Fische sich im Roten Meer tummeln oder wie viele Funken der Lemnische Schmiedegott Vulkanus aus den riesigen Essen des Ätna in die Luft wirbelt.'
(Aus Walahfried Strabo: 'De cultura hortorum' (Über den Gartenbau))
Von der Minze (lat.: mentha oder lat.: menta), die bevorzugt in gemäßigten Klimazonen anzutreffen ist, existiert eine Vielzahl von Arten, die allesamt stark aromatisch sind, wofür die ätherischen Öle dieser Sorten verantwortlich sind. Der wichtigste Aromastoff dabei ist das Menthol. Dieses bildet sich vor allem bei starker Sonneneinstrahlung in den Blättern, daher sollte die Ernte in den Sommermona- ten vor der Blüte (Juni bis August) um die Mittagszeit erfolgen. Oft weist der Name einer Minzart auf eine gewisse Geschmacksverwandtschaft hin, wie dies etwa bei Apfel-, Zitronen- oder Basilikumminze der Fall ist.
Die Minze ist eine sehr alte Kulturpflanze. Bereits in seinem Capitulare de villis erwähnt Karl der Große mehrere Arten. Doch reicht ihr Gebrauch viel weiter zurück: Im antiken Ägypten legte man den Pha- raonen Minze in den Sakrophag und in der Bibel heißt es bei Matthäus:
'Weh euch, Schriftgelehrte und Pharisäer, ihr Heuchler, die ihr den Zehnten gebt von Minze, Dill und Kümmel und laßt das Wichtigste im Gesetz beiseite, nämlich das Recht, die Barmherzigkeit und den Glauben! Doch dies sollte man tun und jenes nicht lassen.'
(Matthäus, Kapitel 23, Vers 22)
In der griechischen Mythologie wird die Herkunft der Pflanze auf die Nymphe Mentha, die Tochter des Flussgottes Kokytos zurückgeführt. Bekanntlichermaßen muss Hades, Herrscher der Unterwelt, durch das resolute Eingreifen der Demeter und den anschließenden Ratschluss des Zeus einen Teil des Jahres auf seine Gattin Persephone verzichten. Schwer auszuhalten, wenn man einen so undankba- ren Job hat. Also verführt der Gute in Ermangelung seiner Angetrauten zwischenzeitlich die liebrei- zende Minthe (woraus für Ehefrauen die Lehre zu ziehen wäre, ihre lieben Gatten niemals zu lange alleine zu lassen!). Demeter, die ja die die Mutter der Persephone ist, erfährt davon und reagiert ei- ner griechischen Götterschwiegermama durchaus angemessen: Sie reißt also die Konkurrentin ihrer Tochter in Stücke, obwohl der Armen wohl die geringste Schuld an der Affäre anzulasten ist, denn wer sagt schon 'nein' zu einem Gott. Danach verstreut sie die Teile am Berge Pylos, in der Meinung, die Sache wäre damit erledigt. Denkste - denn aus diesen Stücken erwächst die Minzpflanze, die mit ihrem Wohlgeruch Menschen und Götter betört, und der wohl auch hauptverantwortlich dafür zeich- net, dass man der Pflanze lange Zeit liebesfördernde Wirkung nachsagte.
Gleichzeitig wusste man auch über die die heilenden Wirkungen der Minze Bescheid, die bis heute ein Symbol für Gesundheit, Heilkraft, Gastfreundschaft und Liebesleidenschaft geblieben ist. Hildegard von Bingen etwa empfahl die Auflage der zerstoßenen Blätter als Pflaster um Geschwüre und Krätze zu bekämpfen. Aber auch gegen Koliken, Blähungen, Verdauungsstörungen und sogar bei Hundebissen wurde die Pflanze angewendet, ebenso bei Heiserkeit, wie uns Walahfried zu berichten weiß. Mit Ing- wer zusammen ein Mittel gegen Seekrankheit, zum Wecken der Lebensgeister - etwa nach Ohn- machtsanfällen - , dann wiederum als Räuchermittel zum Beruhigen der Nerven und zum Abbau von Ängsten, als Schutzmittel gegen Behexung und Krankheit, zur Durchführung von Geldzauber, zur biologischen Schädlingsbekämpfung und Vielem mehr...
In der Küche findet die Minze ihre Anwendung bei Salaten, Braten, Topfen, Saucen, Gemüse, Krauteressig, Lamm- und Ziegenfleisch und Getränken. Dabei kann sie frisch und getrocknet zur Anwendung kommen. Der Koch hat zu beachten, dass der Geschmack würzig, scharf und frisch ist ...
Viele Gründe also, stets einen Vorrat von Pfefferminzpflanzen bereitzuhalten, wie dies unser Reichenauer Abt zu Beginn schon empfohlen hat ...
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