Sælde und êre - Der Kräutergarten

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Der Safran

'Dormivit in sacco croci'
('Er schlief in einem Bett aus Safran')
(Lateinischer Spruch)

Die grau-violetten Blüten des Safren mit ihren gelben Stempelnarben ...

'Backe, backe Kuchen,
der Bäcker hat gerufen.
Wer will guten Kuchen backen,
der muss haben sieben Sachen:
Eier und Schmalz,
Butter und Salz,
Milch und Mehl,
Safran macht den Kuchen gel!
Schieb, schieb in den Ofen 'rein.'
(Kuchenrezept ... oder ist's doch ein altes Kinderlied?)

Gesetz des Falles, es pochte und es stünde an eurer Tür eine gute Fee (damit ihr den nachfolgenden Text mit größerer Anteilnahme lesen möget, dürft ihr euch die Gute durchaus als schlankes Wesen von äußerst einnehmendem Äußeren, gewinnendem Lächeln und langem, lockigen Haar vorstellen; wer hingegen nichts mit derlei Art von Besuch anzufangen vermag, weil er entweder nicht an gute Feen glaubt - was schade ist -, oder aber weil seine Phantasie zu schwach für derlei Vorstellungen ausgeprägt ist - was noch viel trauriger ist, denn unser Fee stellt in ihrem leichten Sommerkleidchen - unter uns gesagt - einen richtigen Augenfeger dar, nun, der mag sich an dieser Stelle alternativ einen Staubsauger- oder Versicherungsvertreter imaginieren ... ).

Nun denn würde euch dieser Besuch, nachdem er euch einige Zeit zum Staunen und Gaffen gelassen, wie es Art des Feenvolkes ist, eines von zwei Geschenken offerieren, dessen Auswahl ihr daselbst zu treffen habt. Nehmt nun an, dass es sich bei den dargebotenen Präsenten um 1kg Gold und um 1kg ... um 1kg ... sagen wir, um 1kg Wermut handle (zur Erinnerung: nur eines der angebotenen Geschenke dürft ihr euch wählen!). Wofür würdet ihr euch entscheiden?

'Na klar doch', würdet ihr der Schönen lächelnd antworten, 'wir sind doch nicht blöd; her mit dem ...'
Halt, halt, nicht so eilig, Menschen(s)kind', bedeutete sie euch da, mahnend die zierliche Hand erhebend, 'denn ich habe mich in der Sache getäuscht, nicht Wermut ist's, sondern Fenchel, vermeine ich ...'
'Egal! Her mit dem Go...'
'Pfeffer?'
Selbst Pfeffer nicht! Früher, ja, früher vielleicht, aber nun. Nein, her mit dem Gold!
'Und wie ist's ... mit Safran? 1kg Safran der Qualität 'Coupe'?', mit unschuldiger Stimme gefragt, in der ihr tausend silberne Glöckchen klingen zu hören vermeint, und dabei so listig lächelnd.

Halt! Tut jetzt nichts Unüberlegtes. Denn der Safran (lat.: Crocus sativus, aus dem Persich-Arabischen za'faran, seit dem 13. Jhdt. mhdt: safran, safferan, zuvor ahdt: kruago, chruogo aus dem lateinischen crocus) ist das Teuerste aller unserer Gewürze. Nicht umsonst trägt er den Beinamen 'Rotes Gold'; dies der Farbe seiner (meist drei) Blütennarben wegen (welche die eigentlichen Safranfäden darstellen). Jene sind von allen Bestandteilen der grau-violetten Blüte alleine für die Geschmackgebung zu verwenden, während Griffel und (gelbe) Staubfäden immerhin auch der Färbung dienlich sein können. Oder der Verwässerung ...

Teuer, fragt ihr jetzt? Wie teuer? Nun, da kommt es sehr auf die Qualität an. So ist das oberste Drittel der Narben im Wesentlichen für die Geschmacksgebung (des typischen zart-bitteren Aromas) ausschlaggebend. Werden nur diese Teile verwendet, dann kann sich der kg-Preis durchaus im Bereich des entsprechenden Goldwertes bewegen (oder, wenn der Goldpreis, nachdem wir wieder einmal einen Kessel voller glänzender Byzantiner aus einem verschütteten Burgverlies geborgen haben, ins nahezu Unermessliche gefallen ist, sogar darüber!). Also nicht leichtfertig die Hand nach dem Goldpräsent ausgestreckt, sondern erst einmalk den aktuellen Wechselkurs auf der Bank erfragt!

30 Euro je Gramm (und das nicht bei höchster Qualität!), in der Apotheke eures Vertrauens entsprechend mehr! Himmel noch mal, wundert ihr euch jetzt vielleicht, warum ist das Zeugs heutzutage immer noch so unerschwinglich? Zumal es in unseren Breitengraden (abgesehen vom rechten Kuchenbacken) nicht die überragende Bedeutung in der Küche hat wie vielleicht in anderen Ländern, wo man Biryani (ein indisches Festtagsgericht mit Reis - was sonst), Risotto milanese, spanische Paella, iranischen Chelo Kebab oder Bouillabaisse, also (französische) Fischsuppe zu kredenzen pflegt. Oder Weihnachtszöpfe (Schweden) und die angesprochenen Kuchen (Cornwall). All diese Gerichte und Leckereien (und viele andere) leben von der Würze (und nebstbei auch der gelben Farbgebung) des Safrans.

Safranernte, Fresko aus Akrotiri, Santorin, um 1600 v. Chr. ...

Zurück zu eurer Frage, warum ausgerechnet der Safran immer noch so teuer ist, wertvoll wie schon Anno Dazumal, wo man sogar kriegerische Auseinandersetzungen darum führte? Weil, lautet die Antwort, dieses Krokusgewächs, das wohl seinen Ursprung in Kreta und auf den ägäischen Inseln hat (wo bereits Fresken aus minoischer Zeit Safranpflücker bei ihrer Arbeit zeigen) und von dort über die (vor-)bronzezeitlichen Handelsrouten seine Ausbreitung in die restliche Mittelmeerwelt und ins Zwischenstromland gefunden haben dürfte (wir kennen akkadische Tontafeln, altägyptische Inschriften mit Safranrezepten), nicht durch Samen, sondern nur durch Knollenteilung vermehrt werden kann. Größere Anbauflächen sind damit nur vergleichsweise aufwendig zu realisieren.

Zudem und vor allem muss die Ernte der Safranfäden nach wie vor händisch erfolgen - es gibt kein maschinelles Verfahren, das dies vermag. Hält man sich noch vor Augen, dass für ein Kilogramm (das, das unsere Fee in der Hand hält) Safranfäden etwa hundert- bis hundertfünfzigtausend (150000!) Blüten benötigt werden (welche vor dem Trocknen 5), ein geübter Pflücker etwa 10-15g am Tag zu ernten vermag und die gesamte Ernteperiode im Herbst gerade einmal zwei Wochen beträgt, dann kann man sich vorstellen, woher der nach wie vor astronomische Preis herrührt.

Alles was gut und teuer ist, ist Domäne der High Society. Da darf es nicht verwundern, dass bereits der selige Göttervater Zeus mit seiner angetrauten Göttergemahlin Hera auf einem Lager aus Safran(krokus)blüten zu ruhen (oder was auch immer zu tun) pflegte - wenn er denn einmal im heimeligen Bette schlief und nicht anderwärtig beschäftigt war - etwa bei der Namensgebung Europas, die er mithilfe der gleichnamigen, selbstredend reizenden Königstocher ... ähh ... bewerkstelligte. Unter Beiziehung von Safran übrigens, dessen betäubend aromatischer Duft mithalf, sie in Stimmung zu versetzen ...

Ah, ja: Stimmung ist das rechte Stichwort. Warum sich nicht von den Göttern Bewährtes abscheuen? Reiche Römer sollen Safranfäden auf ihre Hochzeitlager haben streuen lassen - schließlich will man gerade in der ersten Nacht nichts dem Zufall überlassen und da kommt eine euphorische Braut gerade recht, zumal, wenn sie noch an den Fäden knabbert. Aber Achtung, werden zuviele verspeist (15-20g), dann wirkt der Safran giftig und es kommt zum 'fröhlichen Tod' - was aber angesichts der hohen Grammpreise für weite Bevölkerungsschichten ohnehin illusorisch sein dürfte.

Da halten wir uns lieber an die wirklichen und vermuteten Heilwirkungen, wie sie uns aus dem Mittelalter überliefert sind, die da (bei vernünftiger und geldsäckelgeschuldeter Anwendung) wären: herz-, magen- milzstärkend, harntreibend, menstruations- und geburtsfördernd, Kopfweh, Schwindel, Gicht und Atemnot bekämpfend. Haben wir etwas vergessen? Ja doch, die wichtigste - die göttergetestete, aphrodisierende Wirkung natürlich :-) Und die, eine gesunde Gesichtsfarbe zu verleihen - wobei die gesunde Gesichtsfarbe dann ja auch von der vorangehenden körperlichen Batätigung stammen könnte ...

Stoffe konnte man mit Safran auch färben - wenn man gut betucht war! In Safrangelb, die Farbe, die aus der wässrigen Lösung des Safranpulvers resultierte und sehr gut netzt. Da Safran aber so teuer war (und ist), verwendete man stattdessen häufig die Färberdistel (Saflor oder falscher Safran) für die Gelbfärbung.

Geschummelt wurde natürlich auch (und wird allem Vernehmen immer noch) - speziell bei der Erzeugung des Pulvers war dies relativ einfach möglich: Vermischungen und Erhöhungen des Gewichtes - etwa durch Beimungen mit angesprochenem Saflor, mit Zucker, getrocknetem Rindfleisch, Öl, usw.) sollen so häufig gewesen sein, dass man sich seit dem 14. Jahrhundert genötigt sah, Safranschauen einzurichten, auf denen die Qualität überprüft wurde. Im Falle aufgedeckten Betruges lesen wir von drakonischen Strafen gegen Leib und Leben.

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