Zurück zur Übersicht Speis und Trank, zum Anschlagbrett, oder zur Hauptseite
Die Butter
'... das ich da stehen muste wie butter an der sonne ... '
('Martin Luther')
'Wer die Butter schneidet an,
kriegt sieben Jahr keinen Mann ...'
(Sprichwörtliche Redensart)
Da saß ich nun; des heutigen Morgens beim Frühstück und wusste nicht, welch tiefschürfenden und weltbewegenden Artikel wir unseren geneigten Lesern erstellen sollten ja fast fiel mir die Butter vom Brot ob der schwierigen Frage. Doch halt - manch Ahnungsvoller mag bereits den Braten riechen - wenn schon die Butter sich störrisch verhält, warum nicht einfach darüber schreiben: über die Butter nämlich, die eine lange Geschichte vorweisen kann und darum auch in der mittelalterlichen Küche nicht fehlen muss.
Butter wird in unseren Breiten aus dem Rahm der Kuhmilch hergestellt. Allerdings gibt es auch Schaf- butter und Ziegenbutter, die historisch der Kuhbutter vorangehen dürften, erfolgte doch die Domes- tizierung der Kuh später. Wie auch immer, da nun der Ausgangsstoff ein tierisches Produkt ist, wird man die 'Erfindung' der Butter frühestens in jene Zeit zurückverlegen dürfen, in der der Mensch damit begann Viehzucht zu betreiben. Bei der Betrachtung alter Quellenbelege ist allerdings kaum klar, ob es sich bei den beschriebenen Produkten um Butter in unserem Sinne handelte ...
Jedenfalls kannten die Griechen und Römer die Butter - die ihnen als Nahrungsmittel aber nicht eben viel wert war. Klar, denn einerseits erschwerten die klimatischen Verhältnisse die Aufbewahrung, andererseits gab es das allseits geschätzte Olivenöl. (Man stelle sich den Aufstand vor: italienische Pasta, gebuttert, anstatt mit Mamma's olio d'olivia! zubereitet!) Stattdessen wurde Butter von Schrift- stellern wie Plinius dem Älteren den Barbaren im Norden zugerechnet - ein klares Indiz, dass auch meine Urahnen an manchen Tagen bereits über der Butter grübelten. Galen schließlich, der berühmte Arzt, beschrieb die medizinischen Indikationen von Butter. (Aber Vorsicht: Die Redensart vom Butter, den man auf dem Kopf hat geht wohl auf einen anderen Ursprung zurück und hat nichts mit der Behandlung von Sonnenbränden auf den Köpfen antiker Zeitgenossen mit Nullwachstum der Haare zu tun.)
Womit wir schon im Mittelalter angelangt wären. In den südlichen Gefilden waren auch während jener Epoche das Öl und das Schmalz vom Schwein erste Wahl. Bei uns, den Barbaren, war die Landwirt- schaft bis ins 12. Jahrhundert hinein vorwiegend auf die Getreideproduktion ausgerichtet. Viehhaltung gab es vergleichsweise nur in kleinerem Ausmaß und somit wohl auch die Produktion von Butter. Die Butter war dann wohl auch der Oberschicht vorbehalten, jener Bevölkerungsgruppe, die überwiegend von der Viehaltung profitierte.
Mit der Ausweitung der Weidewirtschaft (auch in alpine Bereiche hinein) und dem Zuwachs der Bevöl- kerung - vor allem auch in den Städten - wurde auch die Butter als Handelsprodukt und Lebensmittel für größere Bevöl- kerungsschichten interessant, wobei sie eher als Lebensmittel des 'kleinen mannes' galt. Speziell die skandinavischen Länder, etwa Schweden, zeichneten sich im späten Mittelalter durch den Export großer Mengen von Butter aus, die auch ein wichtiges Handelsgut der der Hanse wurde. So wurde in Bergen Wein gegen gesalzenen Hering und Butter getauscht.
In diesem Zusammenhang stellt sich natürlich die Frage, wie man zu damaligen Zeiten die Butter so lange haltbar machen konnte, dass sie auch lange Reisen zu See und zu Land überdauern konnte. Salz ist ein Teil der Antwort, die Fässer in die die Butter abgefüllt und in denen sie transportiert wur- de, ein anderer. Durch geeignete Lagerung im kühlen Keller konnten lange Aufbewahrungszeiten von mehreren Monaten erzielt werden.
Apropos lange Aufbewahrungszeiten: In Irland fand man Butterfässer, die zur Aufbewahrung in den Mooren vergraben wurden, den alten Schotten und Finnen sagt man ähnliche Methoden nach. Diese Fässer, die bis ins 11. Jahrhundert zurückdatiert werden konnten, hatten manchmal ein Fassungsver- mögen von über 50 kg und stellten somit richtiggehende Wertveranlagungen dar. Somit stellte das Moor gleichsam Kühlschrank und Safe in einem dar, um den Schatz vor Plünderern zu schützen. Übri- gens galt diese Butter (oder was immer Butterähnliches das Moor daraus machte, schließlich wird berichtet, dass das Zeugs nach längerer Lagerung eine rote Farbe annahm), die mit reichlich Knob- lauch versetzt war, als Spezialität, deren Geschmack mit den Jahren angeblich immer besser wurde. So berichtet man auch davon, dass eigens Bäume über solchen Butterverstecken gepflanzt wurden, um diese Stellen auch nach Jahren noch wiederzufinden - nicht immer mit Erfolg, wie die neuzeit- lichen Funde beweisen. Wie delikat allerdings der Geschmack nach über 800 Jahren ist, dar- über konnten wir leider nichts erfahren.
Und wie ist das nun, wenn man Butter am Kopf hat? Das kommt aus dem bäuerlichen Bereich, und meinte, dass derjenige, der Butter am Kopf trägt (nämlich im Korb, zum Markt), tunlichst nicht in die Sonne gehen möge - aus nachvollziehbaren Gründen. Heutzutage verbinden wir die Aussage eher mit einem schlechten Gewissen, infolge einer begangenen Böswilligkeit.
Und wenn alles im Butter ist? Alles in Ordnung würden wir sagen. Zurück geht das Ganze möglicher- weise auf die Notwendigkeit gewisse Luxusgüter sicher und bruchfest zu transportieren; nämlich das venezianische Glas, von den Produktionsstätten auf Ochsenkarren über die Alpen, auf Wegen voller Schlaglöcher. Manche vermuten, dass die wertvollen Waren in Fässer mit flüssiger Butter versenkt wurden; war die Butter erst erkaltet, dann bot sie den nötigen Stoßschutz - alles im Butter, eben. Es gibt aber auch Stimmen, die diese Praktik anzweifeln, und die Redewendung in die Zeit des aufkom- menden Duells der Butter mit der billigen Margarine datieren.
Jedenfalls drücken diese Redensarten in prägnanter Weise augenfällige Sachverhalte aus. Manchmal kann aber die Verwendung dieser Redewendungen aber auch zu ziemlicher Verwirrung führen. Etwa wenn wir Butter in den Kübel füllen (welche ja jenseits der ehemaligen Zivilsationsgrenze als Eimer bezeichnet werden). Ist die ganze Butter im Eimer, so ist alles im Butter, ist die Butter neben dem Eimer gelandet, ist dagegen alles im Eimer!
Zurück zur Übersicht Speis und Trank, zum Anschlagbrett, oder zur Hauptseite
© 2011, Gestaltung und Inhalt: H. Swaton - alle Rechte vorbehalten