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Sulz mit Rindfleisch und allerley anderen Zutaten ...
Heiße Tage. Brütende Sonne, die selbst dem steppengewohnten Hunnenvolk Schweiß auf die Stirne zu treiben vermag, und uns ehrlichen Christenleuten alle Lust zum Bratenwenden und Ochsengaren nimmt. Schwere Zeiten also für die Köche, die in ihren Gluthöllen darben und sich dabei die feuchtetriefenden Köpfe zerbrechen müssen über die Gerichte, die sie den hohen Herren und Damen auftragen könnten, ohne diese über Gebühr zu erhitzen. Vergesst deshalb den fetttriefenden Schweinebraten und dampfenden Kapaune und was es sonst noch gibt an Gesundem und Zuträglichem und Stärkendem für den Leib. Allenfalls das Bier, das mag auch an heißen Tagen angehen ...
Aber wer, so fragen wir, mag schon vom Bier alleine leben? Nun gut, vielleicht gibt's ja den einen oder anderen ... egal. Wir wollen euch heute ein Rezept vorstellen, das kalt serviert, euren Gästen viel Frische und somit gute Laune bescheren wird, da ihre Zähne und Gaumen dabei des fasrigen Fleisches nicht gänzlich entsagen müssen - ihr aber, ihr werdet endlich manches von dem Gestrüpp, das in eurem Kräutergärtlein wuchert, auf eine Weise los, die euch zudem noch Anerkennung gewinnen lässt.
Diesmal geht's - außer dem erwähnten Kräutergärtlein - der Kuh an den Kragen; wobei das Fleisch nicht vom Kragen der Kuh, ja nicht einmal von der Kuh im Stall stammen muss - Fleisch vom Krämer, sofern ihr gewillt seid, soviel für eure Gäste auszulegen, erfüllt den selben Zweck. Alles was es sonst noch braucht, ist ein tiefes Verlies, in dessen unterkühlte Atmosphäre ihr das Gericht rechtzeitig einlagern müsst, auf dass es die rechte Konsistenz bekomme.
Und hier wollen wir euch wieder einmal einen jener praxisnahen Tipps geben, welche die Kochseiten von Sælde und êre in Nah und Fern so berühmt gemacht haben, bei den Liebhabern langschenkeliger Amphibien genauso wie im Mohrenlande - einen Tipp nämlich, wie man Speisen richtig einkühlt im Hungergewölbe, was nebstbei bemerkt nicht so einfach ist, wie's auf den ersten Blick erscheinen mag.
Was also ist zu beachten, beim Kühlen im Verlies? Eines nur: Achtet darauf, dass eure Gäste, die ihr dort unten - zum Zwecke späterer Kapitalbeschaffung - einquartiert habt, zuvor an die kurze Kette legt, weil euch die Schurken in ihrer Undankbarkeit sonst die vom Küchenmeister liebevoll zubereiteten Gerichte aus den Töpfen fressen. Ja ja, so ist es, dieses Gesindel! Eine klimatisierte Suite ist ihm an solch heißen noch zuwenig! Wenn ihr allerdings einen besonders wohlgelittenen Besucher im Verlies beherbergt, dann könnt ihr ihm eure Wertschätzung immerhin dadurch mitteilen, dass ihr ihm die Speisen so in Sichtweite drapiert, so dass er sich nicht nur am Geruch sondern auch an ihrem Aussehen erfreuen kann ...
Aber was soll das lange Geschwafel - wir wollen ran an die Töpfe, denn ob des vielen Plauderns ist uns mittlerweile unser Appetit erwacht!
Rasch begonnen nun mit dem Deftigen ...
... und nimm an Zutaten (wenn denn drei noch mit dir zu Speisen gedenken):
Wohlan, begonnen! Setzt also einen Topf voll Wasser aufs Feuer, bringt es zum sanften Köcheln und lasst das Fleisch darin - wenn ihr dazwischen einen raschen Gang auf den Waffenplatz tut, mag das genau richtig sein - für seine früheren Verfehlungen büßen; für jene, die gerade keine Bahn zur Verfügung haben - scherzt und schäkert derweilen mit der Magd und habt dabei ein stetes Auge, damit nicht die Herrin des Hauses sich euch überraschend beigeselle.
Zum rechten Augenblick unterbrecht kurz das Zwinkern und werft auch Sellerie, Karotten, Pertersilienwurzel und den Lauch ins siedende Wasser. Dazu Kerne vom Pfeffer und das Lorbeerblatt. Dann - hurtig! - lasst das Minnen sein, denn es ist hoch an der Zeit, die Gelatine zu bereiten. Zwei Wege dazu sind's, die wir euch vorschlagen. Deren erster, der breite, bequeme, besteht nun darin, die Gelatine in Blättern beim Kaufmann zu erwerben - soferne ihr noch Kredit bei ihm genießt.
Von den Blättern nehmt nun sechs und löst sie in einem zweiten Behälter, darein ihr zuvor die Magd habt einen halben Liter Wasser aus dem Brunnen habt schöpfen lassen - aber achtet, derweil ihr die über die Zisterne gebeugte Magd beim Schöpfen beobachtet, stets auch auf das Fleisch über dem Feuer und tut gelegentlich das, was man stets machen sollte. Abschäumen nämlich! Recht ist's, das Fleisch, und weich genug, wenn der Bratspieß keinen großen Widerstand mehr verspürt. Dann nehmt es heraus und schneidet es in dünne Streifen. Ebenso schneidet das Gemüse und gebt es mit den Fleischstreifen in eine lange Form, die ihr später stürzen könnt.
Ist euch langweilig, dann gebt noch Schnittlauch, Zwiebel und derley mehr dazu. In der Zwischenzeit mag die Magd das Würzen übernehmen und für die nötige Schärfe sorgen, ein Geschäft, dessen sie sich ohnehin bestens versteht - Salz und Pfeffer in die aufgelöste Gelatine, und schon brennt es wieder, euer Verlangen nach Feurigem. Übers Fleisch und Gemüse damit, ab ins kühlende Verlies - und nun heißt es warten bis alles kalt und ausreichend steif geworden ist. Dabei - beim Warten - mag euch die Magd liebe Gesellschaft sein.
Und die zweite Art, Gelantine zu gewinnen? Sollte irgendwo in eurem Heim ein Schweinskopf herumliegen und einige Schweinsfüße auch, dann nehmt sie, macht ein zweites Feuer und kocht sie in einem Topf mit ein wenig Wasser aus (sonst, wie gehabt) - das dauert zwar länger, aber dafür könnt ihr den Kopf anschließend über der festlichen Tafel drapieren und mit den Hufen nach den Gauklern werfen.
Ist die Sulz kalt genug, dann stürzt sie aus der Form, schneidet Scheiben ab und garniert sie auf dem Brett mit allerley Grünzeug, viel Zwiebel, Essig und Öl und gebt noch Brot dazu - schon ist es fertig, das Gericht für heiße Tage und es wird euch und euren Gästen besser munden als die schweißtreibende Keule, die frisch vom Feuer kommt ...
Genießt, aber achtet stets darauf, dass nicht ihr es seid, der direkt unter dem Schweinekopf zu sitzen kommt - ansonst mag manch weingelockerte Zunge sich zu platten Späßen berufen fühlen ...
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