Zurück zur Übersicht Mittelhochdeutsch, zum Anschlagbrett, oder zur Hauptseite
Falter, Schmetterling:
Es mag im ersten Moment scheinen, dass die etymologische Untersuchung nach der Herkunft von Wörtern nicht unbedingt mit mittelalterlichen Themen zu tun hat. Auf einen zweiten Blick ergeben sich dann aber häufig interessante Hinweise auf die Sprachentwicklung, oftmals zurück bis zu alt- hochdeutschen Wurzeln oder sogar noch weiter in die Vergangenheit reichend, sowie auf Vorstel- lungen aus dem Volks- und Aberglauben, die ihrerseits nicht selten im Mittelalter oder in der Antike ihre Wurzeln haben. All dies sollte Grund genug sein, sich mit der der Herkunft gewisser Benennungen zu befassen ...
Was wären sie wert, unsere sommerlichen Wiesen ohne den fröhlichen Tanz der bunten Schmetter- linge, unbeschwert und fröhlich von Blüte zu Blüte treibend? Betrachtet man aber geläufige Bezeich- nungen für die farbenprächtigen und prächtig gezeichneten Insekten, dann ergeben sich schon ein- mal Fragen: Was faltet der Falter denn eigentlich? Oder meint die Wurzel des Wortes vielleicht etwas ganz anderes? Und wen oder was schmettern Schmetterlinge? Was hat das alles mit Butter zu tun, wie das englische butterfly nahelegt? Gemach, gemach - alles der Reihe nach ...
Schmetterling: Von wegen schmettern - wir haben es hier eher mit einem verstohlenen Heimlichtuer zu tun. Schmetten meint nämlich den Rahm auf der Milch, entlehnt aus dem tschechischen smetana, die in früherer Zeit in offenen Krügen und Kannen aufbewahrt wurde und durch ihren Geruch manch begehrlichen Insektenrüssel angezogen hat. In vielen Gegenden sah man den Schmetterling dann als Hexe, die in dieser Gestalt den Menschen die Milch bzw. den Rahm stiehlt. In die deutsche Literatur- sprache findet der Schmetterling übrigens um die Mitte des 18. Jahrhunderts, nachdem er sich um 1500 lokal als Schmettenling findet. Und die englische Butterfliege (im Altenglischen ist der Nachtfal- ter die nihtbuttorfleoge) scheint ja aus demselben Verhalten resultiert zu haben. Nebenan bemerkt: Lokal finden sich auch im deutschen und niederländischen Sprachgebiet Bezeichnungen wie Schmant- lecker, Milchdieb, Milchtrud, Milchzauberin, bodderlicker, botervogel, boterhex, usw.
Übrigens ist es nicht verwunderlich, dass die fröhlichen Falter viel früher, bei den alten Griechen und Etruskern schon, mit animistischen Vorstellungen in Verbindung gebracht wurden. Man sah sie als Erscheinungsform der Seelen Verstorbener, eine Vorstellung die durch die erstaunliche Verwandlung, die ein Schmetterling von der Puppe zum Schmetterling durchmacht, begünstigt wird und die sich über das Mittelalter vielfach bis in neuere Zeit erhalten hat. Insofern eignet er sich auch als christ- liches Symbol, als das Ausschlüpfen des Falters die Auferstehung symbolisiert.
Eng mit solchen animistischen Vorstellungen sind dann eben Überlegungen verwandt, die im Schmet- terling gute Holden sieht oder aber böse Dinger, die aus der Verbindung von Hexen mit dem Teufel hervorgehen, eine zwiespältige Charakterisierung, die auf die Tendenz des Christentums zurückgeht, ehemals hilfreiche oder ambivalente Naturgeister zu dämonisieren. Nicht umsonst finden sich in vielen Gegenden Bezeichnungen von derartigen Naturgeistern als Schmetterlingsnamen: schrâtl, toggeli, schrätteli, etc. Natürlich wurde der fröhliche Flatterer auch immer wieder als Omengeber gesehen, der je nach Erscheinungsform oder Landstrich Glück oder Unglück vorherzusagen wusste.
Falter: Diese Bezeichnung geht auf das althochdeutsche fifalt(a)ra zurück, was wohl Flatterer meint (vergleiche das tirolerische flutterl), und die sich über das mittelhochdeutsche vîvalter und zahlrei- chen volkssprachlichen Ableger (so hat sich etwa im Bayrischen in enger Reminiszenz noch die Be- zeichnung feifalter erhalten) schließlich im späten 18. Jahrhundert zur verkürzten Bezeichnung des Falters wandelte - mit der Unterscheidung in Nacht und Tagfalter.
Betrachtet man abschließend noch die Bezeichnungen des Schmetterlings im gesamten europäischen Sprachraum, dann zeigen viele Benennungen den Versuch, den rhytmischen Flügelschlag des räuber- ischen Rahmdiebes lautmalerisch durch akustische Reduplikation nachzubilden, wie etwa im lateini- schen papilio oder im italienischen farfalla.
Zurück zur Übersicht Mittelhochdeutsch, zum Anschlagbrett, oder zur Hauptseite
© 2009, Gestaltung und Inhalt: H. Swaton - alle Rechte vorbehalten