Konradins Liebesklage
Da soll noch einer sagen, König zu sein wäre ein angenehmes Geschäft und man hätte in diesem Beruf nicht die üblichen Sorgen um die Ohren, wie sie uns Normalsterbliche gemeinhin quälen und zwicken. Dass dem nicht so ist, darüber gibt uns die Liebesklage Kunde, die uns unter dem Namen Konradins, Enkel Kaiser Friedrich II und Sohn Konrads IV, König überliefert ist. Und nicht nur schnöder Liebeskummer schien den Sohn aus gutem Hause bedrängt zu haben. Tatsächlich kam es für den letzten Hohenstaufer am Ende knüppeldick ...
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Ich freu mich über manch rote Blumen
...
Ich freue mich über manch rote Blumen,
die uns der Mai bringen will.
Die standen bislang in großer Not:
Der Winter hat ihnen viel Leides angetan.
Der Mai will uns dafür nun entschädigen
mit manch wonnevollen Tag:
Darüber ist die Welt voller Freuden.
Was aber helfen mir die Sommerszeit
und langen hellen Tage?
Mein Trost liegt liegt in einer Dame,
um derentwillen ich großen Kummer trage.
Will sie mir den Mut erhöhen,
dann handelt sie aus edler Gesinnung so,
dass meine Freude dadurch vollkommen wird.
Falls ich mich von der Geliebten trenne,
dann muss meine Freude ein Ende haben.
Ach, dann sterbe ich womöglich aus Leid darüber,
dass ich damit jemals bei ihr begonnen habe.
Ich weiß nicht, Herrin, was Liebe bedeutet.
Die Geliebte lässt es mich stark entgelten,
dass ich an Jahren noch ein Kind bin.
Ich fröi mich manger bluomen
rôt
Ich fröi mich manger bluomen rôt
die uns der meie bringen wil.
die stuomdem ê in grôzer nôt:
der winter tet in leides vil.
der mei wils uns ergetzen wol
mit mangem wünneclîchem tage:
des ist diu welt welt gar fröiden vol.
Waz hilfet mir diu sumerzît
und diu vil liehten langen tage?
mîn trôst an einer frouwen lît
von der ich grôzen kumber trage.
wil sî mir geben hôhen muot,
dâ tuot si tugentlîchen an,
und daz mîn fröide wirdet guot.
Swann ich mich von der liben scheide,
sô muoz mîn fröide ein ende hân.
owê, sô stirbe ich lîht von leide
daz ich es ie mit ir began.
ichn weiz niht, frou, waz minne sint.
mich lât diu liebe entgelten vil
daz ich der jâre bin ein kint.
Anmerkungen:
Herzog von Schwaben, Titularkönig von Jerusalem und Urheber von Minneliedern - in jenen Zeiten kein Widerspruch. Im Gegenteil, es war modisch sich als Minnesänger zu betätigen. Zwar wird der eine oder andere Leser schmunzelnd die Augenbrauen hochzie- hen, wenn ein noch nicht Sechzehnjähriger jammernd fürchtet an Liebeskummer zu sterben, wird dem Verzweifelten den stillen Rat geben, doch die Zeit in die Lande ziehen zu lassen, um sich nach anderen Schönen umzusehen - doch diese Zeit war dem Staufer nicht gegönnt.
Tatsächlich erlebte er seinen 17. Geburtstag nicht mehr, war er doch bei dem Versuch gescheitert, das sizilianische Erbe seines Hauses von Karl von Anjou zurück zu erobern. Und sein Gegner Karl, Günstling des Papstes, hatte bei dieser Außeinandersetzung äußerste Härte walten lassen: Der gefangene Konradin wurde nach verlorener Entscheidungsschlacht zusammen mit einigen seiner Getreuen, darunter der ebenfalls noch blutjunge Friedrich von Österreich, Sohn der Babenbergerwitwe Margarete, in einem faden- scheinigen Prozess verurteilt und wie ein Verbrecher öffentlich enthauptet.
Allenortens waren Empörung und Entsetzen groß, so durfte man mit einem Königserben nicht umgehen. Doch Konradins Tod bedeu- tete das Ende des staufischen Geschlechts und von ihm ist uns nur noch die Liebesklage zurückgeblieben. Und insgeheim hegt man in Gedanken an sein trauriges Schicksal die Hoffnung, dass die im Lied Besungene dem Unglücklichen vor dessen Aufbruch in den Süden doch noch hold gewesen sein möge ...
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