Kirche und Tanz; ein schwieriges Verhältnis - Teil 1 (Quellen)
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Einige Worte zur Einführung:
Wenige Tätigkeiten gibt es, die Menschen so hingebungsvoll betreiben, ohne dass daraus ein Nutzen für sie entstehen könnte, denn das Tanzen und Musizieren. Oder sollte man sagen, wenige Tätiglkeiten gab es bis in unsere heutige Zeit - wo mit dem Computer und seinen Möglichkeiten, sich stundenlang den Daumen wundzuballern, starke, wenn nicht gar übermächtige Konkurrenz erschien?
Nur, getanzt wurde immer; bereits in der Antike berichten die Quellen davon, und wo die Quellen versiegen, versiegte darum nicht der Tanz. Die Gebräuche der Naturvölker, soferne nicht bereits überwandert von modernen Sitten und Fastfood, geben Kunde davon. Also stehen die Aussichten gut, dass es auch in fünfzig oder hundert Jahren noch so sein wird. Und dass Tanzen und Musizieren keinen direkte Nutzen bringen, dieser Aussage mag man entschieden widersprechen, und das mit Recht: Welchen besseren Nutzen sollten wir denn davon haben, als Freude und pure Lebenslust ...
Gerade das, Spaß und Lebenslust, verspricht uns auch die anstehende Zeit des Faschings oder Karnevals, wo wir uns vor dem Aschermittwoch in verrückten Verkleidungen närrisch der Tanzwut hingeben dürfen. Auf die Wurzeln dieses Treibens einzugehen ist hier nicht der Platz - das soll einem anderen Artikel vorbehalten bleiben -, wohl aber wollen wir euch beizeiten warnen vor diesem Treiben, vor dem Tanz und dem lauten Singen dabei - Gott bewahre! -,wenn es denn nicht mit der nötigen reinen Gesinnung betrieben wird.
Wie, fragt ihr jetzt, warnen wollt ihr uns vor dem Tanze? Ja, seid ihr noch bei Trost? Wo ihr doch zuvor noch sagtet, wie sehr uns das fröhliche Tanztreiben Spass und Freude bereiten mag! Ja, müssen wir antworten, wenn euch denn um euer Seelenheil bange ist. Denn die Kirche, wusste zumindest in jenen Jahrhunderten, denen wir uns auf unserer Seite widmen, kaum Gutes am Tanz zu lassen und warnte auch allezeiten davor.
Darum wollen wir uns einiger Quellen bedienen, um euch durch klug gewählte Zitate daraus vor Schaden zu bewahren. Damit euch nicht dasselbe passieren möge, wie jener Unglücklichen, die 'nit me dan eyn liet hörn singen an dem tantz, dar umme mußt sie XVII in dem fegefuer sin' , wie es in einer Predigt heißt, die uns in einer Wiener Handschrift aus dem 15. Jahrhundert überliefert ist.
18 Tage Fegefeuer, für jedes Lied, dem ihr beim Tanze lauscht! Da kommt schon mal schnell eine ganze Menge zusammen. Und darin sind noch gar nicht alle die sündigen Gedanken inbegriffen, die ihr beim Anblick der leichtbekleideten Mägdeleyn vielleicht hegen mögt. Nicht die Blicke, die ihr auf sie und manche ihrer Körperregionen werft. Oder gar die Berührungen, wenn ihr sie beim Tanze selbst an euch presst. Bedenkt also gut, wie ihr euch in der kommenden Zeit benehmt ...
Das Verhältnis der Kirche zur Tanz - einige Quellenzitate:
'Der vmme gende tantz ist ein ring oder circkel, des mittel der tufel ist: wann er stifft solich tentz uff daß sich die unkuschen menschen ansehen, angriffen und miteinander reden, vnd dar durch entzundt werdent durch vnkuscheit, vnde böse fleischlich begirde gewynnen, vnd gunst darzu geben vnd lust darinne haben, damit sie tötlich sünden vnd jn vil stricke des tufels fallen: vnd verliern da all ir guten werck, die sie getan hant, vnd was sie furbaß tund ... auch alle, die daby stent vnd zusehent, die sint des tuvels diener. '
(besagte Predigt aus dem 15. Jahrhundert, Wiener Handschrift)
Der Teufel als Mittelpunkt des Tanzes, der zu unzüchtigen Gedanken verführt, die Gemüter erhitzt und aufwallen lässt, bis die Begierde überhand ergreift und es zur Unkeuschheit kommt. Was aber gilt dem besorgten Prediger als Ursache dafür, dass sich so viele von der Lust am Tanze anstecken lassen?
Der den Tanz begleitende oder ihn vorbereitende Gesang der Frauen ist es, der lockt, der Jungfrauen und ledige Töchter, Knechte und Mägde, denen es die Meister verboten haben, zum Verweilen und Teilnehmen verführt. Und darum und auch deshalb, 'daß jr gesanck auch anricht vnd zu unkuscheit reitzt die hertzen der geistlichen guten menschen ... denn glicher wise als geistlicher gesanck reytzt zu geistlicher andacht des hertzen, also rytzt der tantzrimer unvletiger gesanck zu vnkuscher begirde.', darum werden diese Sängerinnen im Jenseits besondere Qualen für ihr Tun leiden müssen.
Schlimm auch, wenn der Gesang der Frauen, die guten Menschen auf Gott vergessen lassen und auf die Heilige Messe. Dann, so warnen die Prediger, könne es den Frevlerinnen so ergehen, wie jener 'frech frauwe' , die an den heiligen Tagen Männer und Frauen, Mädchen und Jungen zu Tanz und Gesang versammelte. Dass nämlich die Strafe auf den Fuße folgt, wie im besagten Fall: Während des Tanzes nämlich spielten die Männer ein Ballspiel mit Stöcken; einem von ihnen entglitt der Stock und er traf die Verführerin am Kopf, sodass sie fiel und starb.
Wie von selbst versteht es sich da schon, wenn bei der Aufbahrung ein großer schwarzer Ochse erscheint und die Leiche mit den Hörnern in Stücke reißt; dabei hinterlässt er einen solchen Gestank, dass keiner mehr verweilen kann. Die Frau muss schließlich auf ungeweihtem Acker begraben werden, ihre Seele war 'begraben in der hellen'.
Also Achtung vor zuviel Leichtsinn, denn 'got hat vns die füß nit dar vmme geben, daß wir mit den tufeln springen: dann wo vnd wan man vff hupft, so freuwent sich die tufel.' Propaganda beherrscht man also nicht erst seit neuerer Zeit. Aber offensichtlich war der Tanz im Mittelalter derart beliebt - auch wenn uns in den früheren Jahrhunderten nicht viele Quellen davon berichten -, dass man seitens der Kirche zu derartig plastischen Drohungen zu greifen glauben musste, um das 'Übel' nicht überhand nehmen zu lassen.
Ob es allzuviel gewirkt hat? Wir bezweifeln es; genauso wir wir bezweifeln, dass euch unsere Warnungen vom bevorstehenden lustvollen Tun abhalten wird. Recht so, was sind schon 18 Tage, oder 36, oder ... Jedenfalls werden wir die Quellen weiter durchforsten und euch auch fürderhin berichten und mit Aussichten auf euer jenseitige Schicksal ängstigen.
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