Würfelbrett für zwei Würfel
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Glaubt man zeitgenössischen Abbildungen und Textquellen, dann spielete der mittelalterliche Mensch leidenschaftlich gern. So zählte die Kunst des Schachspiels zu jenen Tugenden, die ein Ritter beherrschen sollte. Außer dem Schachzâbel, bei dem da- mals die Figuren noch nach anderen Regeln gezogen wurden, existierten natürlich viele andere Spiele und insbesondere Brett- spiele, die wir auch heute noch kennen: verschiedenste Mühlevarianten, Vorformen des Backgammons, Fuchs und Hennen und noch manch andere.
Neben diesen Klassikeren, deren Bewältigung stets mehr oder weniger logisch-strategisches Denken erfordert, gab es immer schon das reine Glücksspiel. War man sich von Seiten der Kirche nicht immer einig, wie man derartige Strategiespiele, in seiner reinsten Ausformung das Schach, einzustufen hätte - als verdammenswürdiges Spiel, das der Versucher unter die Menschheit gebracht hat um diese zu verderben oder als Abbildung der gottgewollten Ordnung auf Erden -, so so stellte sich diese Frage beim reinen Glücksspiel nicht. Dieses wurde stets aufs Äußerste verurteilt - was jedoch bei weitem nicht jeden davon abhalten konnte, dieser Leidenschaft zu frönen.
Anders als das hochherrschaftliche Schachzâbel erfreuten sich Glücksspiele, wie eben auch das Würfelspiel, großer Beliebtheit auch bei der einfachen Bevölkerung, bot es doch willkommene Ablenkungen von den Unbillen des manchmal tristen Alltags. Aber gewürfelt wurde auch von der Oberschicht, allen Verdammnisandrohungen der Kleriker zum Trotz. Und wie heute auch, gab es schon damals Spielsüchtige, die beim Würfeln mehr verspielten als sie sich eigentlich leisten konnten.
Da wir die Sælde in unserem Namen tragen, verpflichtet uns dies fast, der Glücksgöttin beim mittelalterlichen Feste durch Wür- feln zu huldigen. Also war es an der Zeit, ein geeignetes Brett für diesen Zwecke zu schaffen. Zwar hätte bereits eine einfache Anordnung von elf Feldern (wenn man denn mit zwei Würfeln zu spielen gedenkt) genügt, doch sollte das Spielbrett, wie schon bei unserem Mühlespiel, eine ansehbare mittelalterliche Optik besitzen.
Gewünscht - getan! Bei der Motivauswahl für die Brettgestaltung hielten wir uns an die Fortunaabbildung der Carmina Burana-Handschrift aus Benediktbeuren: Dort bevölkern vier Figuren das Glücksrad, von Frou Saelde unerbittlich bewegt, welche das unvorhersehbare Walten des Schicksals im menschlichen Leben versinnbildlicht. So stürzt ein König und ein Bettler wird empor- getragen. Dementsprechend bedeuten die lateinischen Texte zu den Figuren: 'Ich herrsche' - 'Ich habe geherrscht' - ' Ich bin ohne Herrschaft' - 'Ich werde herrschen'. Eine - wie wir meinen - passende Dekoration für ein Würfelspiel, bei dem ja einzig das Glück über Gewinn und Verlust entscheidet.
Die Anordnung der elf Würfelfelder an vier gegenüberliegenden Seiten eines achteckigen Spielfeldes ergibt eine typische Kreuz- form, wie sie in mittelalterlichen Abbildungen immer wieder auftritt. Auch in der Farbgebung wurde versucht der angesprochen- en Abbildung nahezukommen, welche Bemühungen schlussendlich im dargestellten Brett resultierten. Als Herstellungs- und Mal- techniken kamen die bereits an anderer Stelle besprochenen zur Anwendung; eine zusätzliche Umrandung des Würfelfeldes durch Holzleisten sorgt ebenso wie die verwendete Rauhledereinlage in roter Farbe für komfortable Würfelmöglichkeit und schö- nere Optik. Zudem schützt das Leder noch die darunterliegende Abbildung vor Abnutzung.
Zu den Regeln wollen wir an dieser Stelle nur Folgendes anmerken: Abbildungen und Textstellen verraten häufig nur, dass mit mehreren Steinen, häufig mit zwei oder drei, gewürfelt wurde. Daher steht es jederzeit frei, eigene Regeln zu verwenden und bei Bedarf abzuändern. Bei unserem (ersten und kleinen) Würfelbrett spielen wir mit zwei Würfeln, wobei die Anzahl der Mitspie- ler beliebig ist, Spielespaß und -spannung aber mit zunehmender Anzahl der Spielsüchtigen steigt.
Das Grundprinzip des Spiels verlangt, dass ein Spieler, wenn er in Summe eine bestimmte Augenzahl würfelt, etwa die Acht, er eine Münze auf das entsprechende Feld zu legen hat. Ist im hingegen Frou Sælde hold und findet sich auf jenem Feld schon Metallisches, dann darf er dies einstreifen. Die Augenzahlen Zwei und Zwölf sind üblicherweise mit Sonderfunktionen belegt - so könnte die Doppelsechs zum Abräumen des gesamten Spielebretts ermächtigen, während der Hundswurf - zwei Einser - zu einer Extramünze ins Zweierfeld verdonnert, ohne dass dort vorhandene Geldstücke abgehoben werden dürfen. Natürlich lassen sich jederzeit beliebige weitere Sonderfunktionen festlegen.
Zwei Tipps noch zum Abschluss: Bei größerer Spieleranzahl empfiehlt es sich, dass die auf den Feldern deponierten Münzen erst nach einer bestimmten Anzahl von Würfen mit der jeweiligen Augenzahl abgeräumt werden dürfen (Also beispielsweise das Feld Vier erst beim vierten Auftreten der Augenzahl Vier, wodurch der glückliche Werfer auf einen Schlag drei Münzen gewinnt). Au- ßerdem sollten zum Spielen allenfalls Cent Stücke zum Einsatz kommen, da andernfalls die Verlust bei zunehmender Spielesucht rasch schmerzhafte Dimensionen annehmen könnten.
Doch wollen wir unsere Vorschläge an eben dieser Stelle beenden, denn die Gesellen am Spielebrett rufen schon ungeduldig nach uns. Die Verblendeten ahnen noch nicht, dass sie uns heute großen Gewinn bescheren werden - denn eine Glückssträhne harrt meiner, ich spür es im Blute ...
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