Saelde und Ere - Christliche Feste im Laufe des Jahreskreises ...

Pfingsten - 'Und es geschah plötzlich ein Brausen vom Himmel ... '

Die Herabkunft des Heiligen Geistes zu Pfingsten, Abbildung aus dem sogenannten Ingeborg Psalter, um 1200

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'... wie von einem gewaltigen Wind und erfüllte das ganze Haus, in dem sie saßen. Und es erschienen ihnen Zungen zerteilt, wie von Feuer; und er setzte sich auf einen jeden von ihnen, und sie wurden alle erfüllt von dem heiligen Geist und fingen an, zu predigen in anderen Sprachen, wie der Geist ihnen gab auszusprechen. '
(Apostelgeschichte, Kapitel 2, 1-4)

Schlussendlich ist er doch noch gekommen: der Mai. Mit sich gebracht hat er den Frühling (samt den ersten Unwettern und Überschwemmungen) und eine Reihe von meist kirchlichen Feiertagen. Da nun diese Feiertage stets auch etwas mit alten, weit in die Vergangenheit zurückreichenden Gebräuchen zu tun haben, meinen wir, dass an einem Pfingstfeiertag wie dem heutigen nichts angemessener sein kann als einige Worte über dieses Fest zu verlieren.

Zuvorderst: Es kann hier nicht gelingen alle Gebräuche aufzuzählen; zu viele gibt es, manche davon spiegeln nur regionale Gegebenheiten wieder, andererseits weisen Gepflogenheiten, die datumsmäßig dem Pfingstfest benachbart sind, wiederum auf dieses zurück. Wo also die Grenze ziehen bei der Aufzählung? Wo eine Unterscheidung treffen zwischen allgemeiner Bedeutsamkeit und regionaler Bedeutung, zwischen Faktum und Vermutung? Ganz einfach, lautet die Antwort - wir sehen auf die Uhr, setzen uns eine Zeit (die des bevorstehenden Mittagessen nämlich), und bestimmen, dass dann vom hungrigen Autor alles Wesentliche gesagt sei ...

Nachdem nun solcherart die Rahmenbedingungen für eine in (fast) hinreichend wissenschaftliche Tiefe gehende Abhandlung festgelegt sind, wollen wir zuerst der Herkunft des Pfingsfestes annehmen - oder, genauer, der Frage, wie es zur Terminlegung des Festes 50 Tage nach Ostern gekommen ist. Pfingsten selbst stellt ja ein christliches Hochfest im Festzyklus des christlichen Jahres dar, jenes Fest nämlich, das den Abschluss des Osterfestkreises darstellt und an dem die von Jesus Christus angekündigte Herabkunft des Heiligen Geistes - und wie es auch heißt, die eigentliche Geburt der Kirche - gefeiert wird:

'... Und es soll geschehen in den letzten Tagen, spricht Gott, da will ich ausgießen von meinem Geist auf alles Fleisch; und eure Söhne und eure Töchter sollen weissagen, und eure Jünglinge sollen Gesichte sehen, und eure Alten sollen Träume haben; und auf meine Knechte und auf meine Mägde will ich in jenen Tagen von meinem Geist ausgießen, und sie sollen weissagen ... '
(Apostelgeschichte, Kapitel 2, 15)

Wie manch anders christliche Fest nimmt auch das Pfingstfest ursprünglich auf jüdische Riten Bezug: Das jüdische Pessachfest, das an die Zurückweisung des Todesengels, der letzten der zehn ägyptischen Plagen, vor den Türen der hebräischen Hütten durch das Blut eines Opfertieres (daher das 'Osterlamm') erinnert , bestimmte anfangs auch den Termin des christlichen Osterfestes, fielen doch Kreuzigung und Auferstehung Jesu Christus in eine Pessachwoche. Pessach bezeichnet aber auch den Anfang der Getreideernte, jene der Gerste nämlich, von der ein Teil davon am zweiten Festtag geopfert wird. Die folgenden 49 Tage wurde die Ernte gezählt - daher die Bezeichnung 'Sefira' (Zählung).

Der fünfzigste Tag war 'Schawout' (was auch Gelübde bedeutet), an dem die zweite Ernte - die des Weizens nämlich - erfolgte; dieser Tag sollte an den Bund erinnern, den das Volk Israel mit Gott 7 Wochen nach dem Auszug aus Ägypten am Berg Sinai schloss.

Diese 50-Tage Frist ist es auch, die das christliche Pfingsten von Ostern trennt; das Wort Pfingsten selbst entstand aus dem griechischen 'Pentekoste', das entweder den 50. Tag nach Pessach bzw. Ostern oder auch den gesamten 50-tägigen Zeitraum nach Ostern, welcher dem Christentum eine durchgehende Freudenzeit ist, meint. Ursprünglich als Himmelfahrtsfest Christi gefeiert, an dem auch die Aussendung des Hl. Geistes erfolgte, wurde Pfingsten im 5. Jahrhundert schließlich zum eigenlichen Fest des Heiligen Geistes.

Und das Brauchtum? In deutschen Landen ließ man zu Pfingsten bis in die jüngste Zeit hinein den Heiligen Geist in Form einer hölzernen Taube an einem Seil vom Kirchenschiff oder vom Chor herab; wenn sie dann stillestand, nicht mehr schaukelte, dann sollte sie ihren Schnabel tunlichst nicht in die Richtung des eigenen Hauses stecken - glaubte man doch in manchen Gegenden, dass von dort dann die erste Leiche getragen werde. Manchmal war's auch eine echte, weiße Taube, die da herabflatterte. Statt der Taube ein Brausen aus den Pfeifen der Orgel? Gab es ebenso wie Rosenblätter oder - lecker, Mittag ist nahe - Back- und Zuckerwerk

Von den Gebräuchen erwähnen wir hier nur jenen des Ausschmückens von Stall oder der Wohnung mit Zweigen, damit der Geist in sie fahren kann - übrigens in ganz Europa verbreitet. Früher durfte nach Pfingsten eine ganze Woche lang nicht auf dem Feld gearbeitet werden - schade, werden sich die Knechte gedacht haben - sonst wäre alles von unweigerlich von Maden befallen worden.

Und wer am ersten Pfingsttag geboren wird, der ist - erraten - ein Glückskind. Ebenso wie jener, der - na? klar doch! - in der Pfingstwoche stirbt. Schönes Glück werdet ihr jetzt sagen - aber, wer zu Pfingsten stirbt, sagt der Volksmund, der muss ein guter Kerl gewesen sein. Und ein solcher hat bekanntlich einen schönen Platz im Himmelreich sicher ...

Natürlich sind die Pfingstfeiertage wie alle anderen besonderen Tage im Jahr auch Zeiten, in denen bevorzugt diverse Geistererscheinungen auftreten - die Wilde Jagd reitet, ebenso wie unsere Exekutive, beispielsweise liebend gerne am Pfingstsonntag aus, in der 'Unruhnacht' oder auch Bosheitsnacht, und auch diverse Schätze und Hilfsmittel zur Schatzbergung (Spiegel, Lottoscheine und dergleichen mehr) lassen sich gerne zu dieser Zeit gewinnen. Aber Achtung: Nicht nur Schatzjungfrauen sondern auch hinterhältig-böse Hexen treiben auf Kreuzwegen ihr Unwesen und brauen ihre K.O.-Tropfen und Tränke.

Die vielen Frühlings- und Maigebräuche, die sich aufgrund der zeitlichen Überschneidung an das Pfingstfest geheftet haben bzw. mit diesem im Naheverhältnis stehen (man denke nur an Maibaum und -stehlen), wollen wir hier ob ihrer unübersehbaren Menge nicht extra erwähnen. Ebensowenig kann hier - obwohl uns darob das Herz blutet - auf die vielen Pfingstfeste am Hofe des Besten aller Könige, des Guten Königs Arthus nämlich, eingegangen werden, an denen neben Tjost und Buhurt stets auch viel Wunderbares über die Ritter der Tafelrunde hereinbrach und manch Aventüre ihren Ausgang nahm. Dies soll - selbstverständlich! - zu einem späteren Zeitpunkt nachgeholt werden.

Wer allerdings von den vielen, lieben Schülern und Studenten, die hier, wie wir wissen , mitlesen, wer also von denen auf das Pfingstwunder zählt, dass er nämlich vor der demnächst bevorstehenden Englisch- oder Französischprüfung zu Pfingsten unvermittelt vom Heiligen Geist überrascht werde, und solcherart ohne fleißig zu lernen (wir buchstabieren's euch zur Sicherheit noch einmal ganz langsam: 'f l e i ß i g ___ l e r n e n') plötzlich 'mit fremden Zungen spricht, der mag sich enttäuscht sehen: Unseres Wissens vergibt der Heilige Geist keine Liste, auf der man diverse Wunschsprachen ankreuzen könnte. Die werden einfach zugeteilt. Und ob Aramäisch bei der Prüfung dann wirklich hilfreich ist ...?

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