Sælde und êre - Freienstein, verwunschenes Felsennest über der Donau ...

21. August 2015

Der werte Leser wird die Situation kennen: Immer wieder finden sich Orte, vielleicht sogar markante Bauwerke, die uns vertraut erscheinen - aus der Ferne nur, weil sie uns immer wieder auf einem regelmäßig zurücktgelegten Weg begegnen, ohne dass wir uns je die Mühe gemacht hätten, diesem vermeintlich Vertrauten einen eigenen Besuch zuzugestehen. So geschehen mit einem Turm, der recht markant einen Felssporn am schönen, (flussabwärts) rechten Donauufer ziert und somit dem Autor bei jeder Fahrt, die selbiges Ufer entlang führt, ins Auge stechen muss.

Aufstieg zur Burgruine mit Blick auf den Bergfried

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Kleiner Zwischenraum

Dieser vermeintlich alleinstehende Turm erhebt sich also oberhalb der Ortschaft Freienstein, nicht unweit von Ybbs. Weil aber auf besagten Fahrten hin und wieder mehr Zeit bleibt, als nur begeistert, wenn auch wenig notengetreu, fröhliches Liedgut zu intonieren, begab sich eines Tages das Außergewöhnliche, dass dort ein Halt eingelegt wurde, wo noch nie zuvor solches geschehen ...

... nicht zuletzt deshalb, da man aus dem Netz der immateriellen Dinge - ja, glaubt es oder glaubt es nicht, wir von Sælde und êre befleißigen uns der Verwendung modernster Medien und Techniken, wenn es darum geht, unsere Leser mit Wissenswertem aus mittelalterlicher Zeit vertraut zu machen (so benützen wir bereits seit längerer Zeit einen Zauberkasten, mit dessen Hilfe wir Abbildnisse der Wirklichkeit erstellen können - ohne uns dabei mit Papier und Stift behelfen zu müssen!!) -, da man also aus dieser Quelle zuvor erlesen hatte, dass sich hinter den recht undurchdringlich wirkenden Wipfeln jener Anhöhe eine ganze Burgruine verbergen soll.

Also geschah an jenem recht wenig sommerlichen (weil bewölkten und auf erste Regentropfen harrenden) Augusttage, dass die vielen, vielen Pferde, die uns zum eiligen Transport zur Verfügung stehen, an einer Biegung im besagten Ort Freienstein angeleint ... ähh, eingeparkt und hurtig der Aufstieg zum steil über unseren Köpfen thronenden Turm in bewährter Weise in Angriff genommen wurde.

Eines vorweg für die Nachahmungstäter unter euch: Der Aufstieg, der je nach Verfassung zwischen 20 Minuten und 'mir reichts! umkehren!' an Zeit benötigt, führt zur stilecht gestalteten Holzbrücke, über das, zur Zeit unseres Besuches recht beschaulich murmelnde, Wildbächlein hinweg und anschließend einen an manchen Stellen recht steilen und anderen recht schmalen Pfad entlang - an imposanten Felsgestein vorbei , rechterhand stets den gähnenden Abgrund (ein wenig Übertreibung sei uns hier aus dramaturgischen Gründen erlaubt) vor Augen. Speziell bei Nässe solltet ihr euch deshalb mit geeignetem Schuhwerk und einem gewissen Maß an Vorsicht ausrüsten!

Die Mühe lohnt sich, geht doch das schroffe Felswerk endlich in stellenweise recht beeindruckendes Mauerwerk über. Schließlich gibt ein guterhaltenes Tor den Zugang durch eine noch in ausgezeichnetem Zustand befindliche Mauer den Weg frei zu den Überresten der ehemaligen Kernburg - die, allesamt von Baumwerk und Gestrüpp überwuchert und somit vom Tal aus unsichtbar, leider ein viel beklagenswerteres Bild des Verfalls bieten. Ohne geeignete Erhaltungsmaßnahmen werden diese Teile der Anlage wohl nicht mehr lange dem Zahn der Zeit widerstehen können! Wie so oft - schade!

Unter anderem auch deshalb schade, weil die Burg durchaus einiges zu erzählen wüsste aus der Vergangenheit - etwa von Eroberung und Zerstörung im späten 13. Jahrhundert, als der ursprünglich vom Habsburger Rudolf I. mit der Belehnung für seine militärischen Dienste belohnte Konrad von Sumerau erst in den Verruf geriet, die duchschiffenden Kaufleute übergebührlich zu 'besteuern' und anschließend auch noch am sogenannten Ministerialenaufstand gegen den Landesfürsten teilzunehmen. Dumm gelaufen, ...

... was sich auch in den auffällig häufigen Funden an Geschossspitzen am donauseitigen Hang dokumentiert, deren Form ins späte 13. Jahrhundert und somit auf die literarisch erwähnten Belagerungen zurück weist; es war wohl eine Menge los damals. Übrigens rund zweienhalb Jahrhunderte später ebenfalls, als Pankraz von Plankenstein sich standesgemäß mit Fehde und kreativer Abgabenerhebung auf Weintransporte hervortat.

Den 100 Meter langen Anstieg entlang einer teilweise erhaltenen Schildmauer solltet ihr euch jedenfalls noch antun, führt er doch zum fünfseitigen Bergfried, und somit zu jenem Turm, der vom Tal aus so prägnant zu erkennen ist, und einem vorgelagerten Zwinger bzw. einer Geschützmauer - und somit zum besterhaltenen Teil der gesamten Anlage. Der schmale Zwinger, der durch das enge Einmanloch betreten wird, vermittelt neben einigen Steinmetzdetails auch wildverwucherte (leider!), romantische Ansichten, allerdings keinen Zugang zum Turm selbst. Denn der ist als Hocheinstieg für Normalsterbliche heutzutage nicht mehr zu erreichen. Was ja ursprünglich durchaus der Zweck dieser Art von Zugangsgestaltung war ...

Kleiner Zwischenraum

Einige Daten aus der Geschichte der Burg:

Kleiner Zwischenraum

Einige Eindrücke:

Viele Jahrhunderte eine wichtige Handelsstraße - die Donau, stromaufwärts ... ... kündet linkerhand nur der Bergfried von der ansonst im Wald verborgenen Burg. Wie steil die Anlage über dem Ort und der Donau liegt, verrät nicht nur dieser Ausblick, ... ... sondern auch der schweißtreibende Anstieg, der hier über den Bach führt, ... ... und neben einigen interessanten Fotomotiven, die sich auch trefflich als Raststationen eignen, ... ... einen wildromantischen, ... ... wenn auch manchmal steinigen Fußmarsch mit sich bringt, ... ... der nach etwa 30 Minuten am Zugang der Kernburg mündet. Linkerhand von Bauerweiterungen aus dem 15. Jahrhundert begleitet, ... ... erreicht der Besucher das Tor, ... ... durch das man zur einstigen Kernanlage der Burg gelangt. Der Durchgang von der 'inneren' Seite gesehen, ... ... in der starker Bewuchs und Verfall um sich greifen. Zur Wasserversorgung diente diese Zisterne, ... ... deren sorgfältige Wandbearbeitung immer noch Bewunderung erregt. Wie bei so vielen Burganlagen zeigt sich auch hier ein bedauernswertes Bild des Verfalls und der Vernachlässigung; wie lange wird es diese Ruinenreste wohl noch zu bestaunen geben? Länger werden wohl noch die Grundmauern und vor allem die in Fels geschlagenen Stufen dem Zahn der Zeit widerstehen. Warum Burglagen wie die von Freienstein derart beliebt waren, zeigt der Ausblick auf die (Handelsstraße) Donau: beste Voraussetzungen, um den Verkehr zu kontrollieren! Zurück aus der Kernanlage weist ein Pfad hangaufwärts, ... ... der etwa 100 Meter weit von der einstigen Beringmauer begleitet wird, ... ... den Weg zum isoliert gelegenen Bergfried mit vorgelagertem Zwinger, der Schutz gegen den Bergrücken bietet. Die Zwingermauer, die aus dem 14. Jahrhundert stammen dürfte und somit etwas jüngeren Alters ist als der Bergfried, ... ... hier mit einem Detail an Steinmetzarbeit. Hangaufwärts trennte der noch gut erkennbare Halsgraben die Anlage vom überhöhten Gelände. Mittelalterliche Militärbaukunst: Der Zugang zum Zwinger ist so schmal, dass er gut von einem einzigen Schildbewehrten verteidigt werden konnte. Der Innere des kleinen Zwingers zeigt sich als pflanzenüberwuchertes Zauberreich ... ... über dem der imposante Turm thront, der übrigens keinen ebenerdigen Einstieg aufweist - und somit auch nicht begangen werden kann. Schade um den Ausblick! Die charakteristische Fünfeckform, mit dem Bug gegen die Bergseite gerichtet, zeigt diese Abbildung. Die Anlage 1649, auf einem Stich von Matthäus Merian.

Weiterführender Link:

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