12. Jänner 2008 - Fortsetzung des Badenbesuches
Gerade eben von Burg Rauhenegg abgestiegen, standen wir nun mit langem Gesicht vor der Windschutzscheibe unseres treuen Ge- fährts und bewunderten den stetig sich verlängernden Sprung. Wenn denn nun dieser Ausflug schon eine so teure Angelegenheit ge- worden war, dann sollte sich die Sache immerhin auszahlen. Also wurde schnurstracks beschlossen, nicht sofort in heimatliche Gefilde aufzubrechen, sondern zuvor einen Rekordversuch zu starten. Denn eine zweite Burgbesichtigung am gleichen Tag, so etwas hatten wir bisher noch nicht geschafft. Zugute kam uns, dass erstmals die neue Kamera im Gepäck mit dabei war. Nicht dass ich den Apparat fototechnisch schon im Griff gehabt hätte, aber immerhin ließen sich eine Menge an Fotos auf der kleinen, kapazitätsmäßig aber rie- sigen, Speicherkarte unterbringen.
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Einem Charakteristikum von Sælde und êre treubleibend, nämlich lieber gar nicht erst lange zu überlegen - das kann man ja hinterher immer noch ;-) - machten wir uns auf den wenige 100m langen Weg, liegen sich doch die beiden Burgen in trauter Zweisamkeit am Zugang des Helenentals gegenüber. Zuerst motorisiert und dann zum zweiten Mal an diesem Tag auf Schusters Rappen.
Dankenswerter Weise hatten die seligen Burgenerbauer ein Einsehen mit uns und unserem konditionellen Zustand gehabt und deshalb Burg Rauhenstein auf einen nicht allzuhohen, wenn auch sehr schroffen Fels gestellt. So war der Aufstieg durch den entlaubten Wald (ja, das ganze lästige Laubzeugs lag auf dem Boden und ließ uns einige Male ziemlich ins Rutschen kommen) in wenigen Minuten ge- schafft, ohne dass wir öfters als zwei- oder dreimal heftig keuchend Rast einschieben hätten müssen. Bald schon wurden die beein- druckenden Mauern der Anlage zwischen den Bäumen sichtbar und nach einer Wegkehre tat sich der Zugang zur Burg, durch den Tor- turm, vor uns auf.
Diese bequem zugängliche Festungsseite und die dahinter liegende Vorburg werden noch durch eine bis bis zum westlichen Eckturm hochsteigende Mauer geschirmt, während der Halsgraben, der einst zusätzlichen Schutz bot, kaum noch zu erkennen ist. Nach Durch- querung des dreigeschossigen Torturms gelangt man in den Vorhof, der in dieser Form durch Zubauten im 15. Jahrhundert entstanden sein dürfte, wofür auch der nach innen hin offene Eckturm spricht.
Überquert man diesen Hof und durchschreitet anschließend ein rundbogiges Tor, betritt man den zweiten, dreieckförmigen Hof, der ur- sprünglich der ältesten Burganlage als Vorhof diente. Von hier aus eröffnet sich ein imposanter Ausblick auf den alles überragenden, Bergfried, dessen mächtiges Mauerwerk noch höher wirkt, weil es auf dem höchsten Punkt des Felsens erbaut ist. Um jedoch Zutritt zu dem Turm zu bekommen, muss man ein weiteres Rundtor durchqueren, welches in den Innenhof führt.
Dieser enge Innenhof nimmt an manchen Ecken fast schon labyrinthische Formen an; einerseits weil die vielen verwinkelten Räume und die zahlreichen Durchgänge verwirren, andererseits die efeubewachsenen Mauern des hier befindlichen Palas sich noch bis in die höher- en Geschoße erhalten haben, vergleichbar etwa mit dem Zustand der Burg Prandegg. Glücklicherweise ist dies so, jedoch erleichtert es den Überblick nicht eben, zumindest nicht, wenn die Kinder kurz mal beschlossen haben Verstecken zu spielen ... Jedenfalls lassen die Baureste noch erahnen, um welche mächtige Anlage es sich hier einst gehandelt hat.
Und tatsächlich gäbe es ja einiges zu erzählen an Anekdoten, die noch von vergangenen Ereignissen zu berichten wissen. So jene Sage vom metallenen Käuzlein, einer Glocke, welche ein Badener Glockengießer einem tapferen, aber grausamen Burgherren zu gießen hatte, um zumindest einem seiner beiden Söhne das Leben zu retten. Diese, beim Wildern ertappt, waren vom Ritter zum Tode bestimmt wor- den und nur unter der Bedingung, dass ihr Vater die Totenglocke für den einen Sohn gießen müsse, sollte der zweite begnadigt werden. Eine dramatische Geschichte, die den Sohn hingerichtet, den darob verrückt gewordenen Vater am Glockenturm der Burg durch den Blitz erschlagen werden lässt. Natürlich erst, nachdem der obligate Fluch über den herzlosen Burgherren und dessen ganzes Geschlecht gesprochen ist. Klarerweise erfüllt sich dieser Fluch und die Sage lässt immer dann die Glocke ohne menschliches Zutun erklingen, wenn dem Geschlecht des Hrausamen ein Unglück ins Haus stand ...
Eine weitere Überlieferung erklärt die Herkunft der Safrankulturen, die in der Umgebung von Baden bis ins 19. Jahrhundert hinein gehal- ten wurden. Heinricus de Ruhensteine dürfte ein praktisch veranlagter Mensch gewesen sein, denn er hatte seine Tochter Hulda jenem Ritter versprochen, der ihr das Nützlichste und Angenehmste aus dem Heiligen Land mitbrächte. Walther von Merkenstein brachte, wenn schon nicht die Meldung von der Wiedereroberung Jerusalems, so doch Safransamen mit nach Hause und erhielt die Hand des Töchterchens. Ob diese von ihrem Verehrer auch angetan war, und ob dieser neben dem Safransamen noch andere Attribute besaß, die für ihn sprachen, konnte leider nicht in Erfahrung gebracht werden.
Andere Geschichten lassen die Burg immer wieder in die Hände von Raubrittern fallen, die von hier aus emsig dem Gelderwerb nachge- gangen sein sollen - schließlich hat jedes Zeitalter seine eigenen Berufsbilder zu bieten. So soll 1466 sogar Eleonore, die Gattin Kaiser Friedrich III. von den Schergen des Wilhelm II von Puchheim ausgeraubt worden sein, als sie sich auf dem Weg von Baden nach Heili- genkreuz befand. Ein schwerer Fehler des Puchhaimers, der auch bereits anderwertig durch seine Geldbeschaffungsmaßnahmen aufge- fallen war, denn die Dame konnte zwar den Verlust ihrer Wertsachen verkraften, nicht jedoch Friedrich den Affront. Folglichermaßen gab es eine Strafexpidition, was zur Einnahme der Burg und zur Ächtung des allzu emsigen Unternehmers führte. Danach blieb die Burg in landesfürstlichem Besitz, wohl um zukünftig derartige Raubzüge tunlichst zu vermeiden. Natürlich gab es in der bewegten Geschichte auch all die anderen üblichen Verdächtigen, so etwa die Türken, die zu jehner Zeit wohl nichts anderes zu tun hatten, als Burgen niederzubrennen ...
Vom Bergfried aus, dessen Hocheinstieg heutzutage vergleichsweise bequem über eine Holztreppe zu erreichen ist, bietet sich der bei Burgen fast übliche herrliche Ausblick - hinunter über die verwinkelten Mauern von Burghof und Palas zum Schwechatbach und hinüber zur etwas höhergelegenen Nachbarburg Rauhenegg. Eine Taschenlampe zur Beleuchtung der steilen Treppe empfiehlt sich allerdings bei der Besteigung des dreistöckigen Turms - auch deshalb, weil der große Riss in dessen Zugangsseite zwar beunruhigend aussieht, aber immerhin noch kein Licht durch die bis zu drei Meter dicken Mauern fallen lässt.
Natürlich bietet eine Burg dieser Größe und in diesem Erhaltungszustand eine Menge an Motiven, wodurch sich schließlich nicht die Speicherkarte sondern die Akkus der Kamera als begrenzender Faktor erwiesen - aber bis dahin wurde fleißig geschossen ...
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