10. Februar 2008
Lange schon geplant und nun war es endlich soweit: Unser erster Marathon-Burgenbesichtigungstag 2008 stand bevor. Dazu hatten wir uns eine Route ins nördliche Waldviertel ausgesucht. Genauer gesagt, sollte uns der Weg an die Kamp führen, eine geschichts- trächtige Gegend, in der sich Burg an Burg reiht. Wen wundert's, schließlich erbauten die seligen Babenberger hier einst eine Festungs- kette, die von Lichtenfels bis zur Rosenburg reichend, der Abwehr von Angriffen aus dem benachbarten Böhmen und als Rückhalt für eigene Einfälle dienen sollten. Vielleicht weniger bekannt als manche Burg in der Wachau oder im Wienerwald, sind diese Wehrbauten um nichts weniger beeindruckend. Ganz im Gegenteil, wie sich zeigen sollte ...
Hier findet ihr zurück zum Anschlagbrett, zu weiteren neuen Geschehnissen oder zur Hauptseite
Wohl verproviantiert und ausgerüstet hatten wir uns bereits um neun Uhr auf den Weg gemacht, war doch der Weg ins obere Wald- viertel ein weiter. Und immerhin sollten drei attraktive Burganlagen besichtigt werden, wobei Burg Schauenstein, auf den Ausläufern des Buchberges über der Kamp gelegen, als erster Punkt auf dem Programm stand. So galt es, wenig Zeit zu verlieren, um alle Plan- ungen einhalten zu können. Der strahlende Sonnenschein ließ für diesen Tag jedenfalls einiges erhoffen ...
Weniger als zwei Stunden später parkten wir uns in Krug ein, von wo aus die Burgruine Schauenstein nach kurzem Fußmarsch zu er- reichen sein sollte. Zuvor hatten wir noch in Altpölla eine kurzen Zwischenhalt eingeschoben, um uns im dortigen Gasthaus Speneder den Schlüssel für den Bergfried der Burg auszuborgen. Allerdings musste der gute Mann, der denselbigen verwaltet, durch unser Erscheinen seine morgendliche Dusche unterbrechen, was unter den mitfahrenden Damen für anregende Gespräche sorgte ...
Mit Schlüsselgewalt versehen, standen wir nun da und blickten ratlos um uns, war doch weit und breit keine Burg zu erblicken. Ebenso kein beschilderter Hinweis, in welche Richtung wir uns nun zu wenden hätten - dafür aber drei Wege, jeder von ihnen in eine andere Himmelsrichtung führend, um dann jeweils nach einigen hundert Metern in die umliegenden Wälder zu verschwinden. Zum Glück nahte Rettung in Form einer Familie, die sich als 'aus der Gegend stammend' deklarierte und uns in eine Richtung verwies, in welcher die Burg 'ziemlich sicher' zu finden sei ...
Eine halbe Stunde später, nachdem wir auf dem angegebenen Weg außer Traktorspuren und wildem Gewächs nichts entdeckt hatten, kehrten wir entnervt zum Ausgangspunkt zurück. Dort endlich bemerkten wir den Richtungshinweis zur Burg, ein verschämt angebrach- tes und kaum 20cm großes Schild. Liebe Kamptaler, was glaubt ihr denn, wenn ihr vor euch habt? Häuptling Adlerauge und seine Platt- fußindianer, die sich jederzeit und überall zurechtfinden? Nein, für uns Stadtmenschen müsst ihr die Hinweise schon größer machen, am besten in Form meterlanger Bodenmarkierungen ...
Danach war die Sache recht einfach und der Fußmarsch dauerte wohl keine 20 Minuten. Als dann schließlich der Bergfried der Burg in Sicht kam, wunderten wir uns doch etwas. Schließlich waren wir es gewohnt, eine Burg irgendwo auf einer Anhöhe, ja auf dem höchs- ten Punkt der Umgebung vorzufinden. Schauenstein hingegen schien uns, aus der Ferne betrachtet, in flach abfallendem Gelände an- gelegt zu sein.
Wenig später relativierte sich dieser Eindruck, als sich die Burg in ihrer ganzen Größe vor uns erhob. Von Norden kommend, näherten wir uns ihrer Bergseite. Die Anlage scheint sich von dieser Seite auf einen Fels zu kauern, der zusätzlich noch durch einen künstlichen Halsgraben von der Umgebung abgetrennt wird. Besonders imposant wirkt von hier aus der mächtige, fünfeckige Bergfried, der dem Ankömmling seine scharfe Keilseite entgegenstreckt und der mit seiner Gesamthöhe von über dreissig Metern und seinen ungeheuren Ausmaßen wohl einzigartig in Niederösterreich ist. Alleine der große Turm der oberösterreichischen Burg Schaunberg kann von allen uns bekannten Bauten damit mithalten ...
Im Inneren bietet die Burgruine eine Menge an Sehenswertem: Gebäudereste in bemerkenswert gutem Zustand, Gewölbe, allerdings nur von außen einzusehen, und der Bergfried, dessen Stiege - soferne man einen Schlüssel hat, nicht war, liebe andere Besucher der Burg, hähä ... - bequem begehbar ist, jedoch in ihrer unermesslichen Höhe nur Besuchern mit stählerner Oberschenkelmuskulatur ein Erfolgs- erlebnis verspricht. Also genau das Richtige für uns von Sælde und êre ... Insgesamt ist die gesamte Anlage vorbildlich gesichert und instand gehalten, da hat der Burgenverein ganze Arbeit geleistet.
Höhepunkt der Besichtigung war natürlich der Rundblick vom hohen Turm, hinab auf den gut 30 m tiefer liegenden Burghof und darüber hinaus in das Kamptal, über dem die Burg thront und in das der Burgfelsen südseitig steil abfällt. Atemberaubend! Allerdings sollte man auch schwindelfrei sein, um die Aussicht richtig genießen zu können. Bemerkenswert an dieser Aussicht: Tatsächlich gibt es weit und breit kein Anzeichen der modernen Zivilisation zu sehen, sieht man mal von den Kondensstreifen im strahlendblauen Himmel und den Mobiltelefonen halbwüchsiger Töchter ab ...
Ach ja, Zivilisation: Ein Blick auf die Uhr, 'du meine Güte, wir kommen zu spät' - wollte sagen, auf den Sonnenstand - zeigte uns schließlich, dass es höchste Zeit war, aufzubrechen. Schließlich standen noch zwei weitere Punkte auf dem Programm. Schade eigen- tlich, denn auf der Bank im obersten Stock des Turms ließ sich die Sonne besonders genießen. Wenn nur nicht immer die lästigen Tour- isten aus- und eingegangen wären ...
Hier findet ihr zurück zum Anschlagbrett, zu weiteren neuen Geschehnissen oder zur Hauptseite
© 2008, Gestaltung und Inhalt: H. Swaton - alle Rechte vorbehalten