10. Jänner 2009
Lang, lang ist's her - unsere letzte Ausfahrt nämlich, um mittelalterliches Bauwerk und mittelalterliche Kunst zu bestaunen. Da nun an diesem Samstag sich die die Sonne endlich einmal anschickte, den hartnäckigen Hochnebel über Wien zu zerstreuen, beschlossen wir, eine langgehegte Absicht in die Tat umzusetzen. Schließlich ist es ja fast als Schande zu betrachten, dass man keine dreißig Fahr- minuten von Heiligenkreuz residiert und das berühmte Cistercienserkloster dennoch noch nie besichtigt hat. Das sollte sich an diesem Tag ändern, auch wenn uns die Tour einige Frostbeulen bescherte. Nun ja, fast zumindest - viel hätte jedenfalls nicht dazu gefehlt ...
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Eines gleich vorweg: Wir wollen uns hier gar nicht erst anmaßen, einen auch nur annähernd kompletten Bericht davon zu geben, was wir in Heiligenkreuz alles an Bestaunenswertem vor die Augen oder vor die Kamera bekamen. Zuviel wäre dies und zu umfangreich die Schreibarbeit, die daraus resultieren würde. Darum auch unser wärmstens empfohlener Tipp für alle jene, denen eine Anreise in den östlichen Wienerwald nicht zu weit ist: Heiligenkreuz sollte man unbedingt selbst besuchen und sich für die Besichtigung ausreichend Zeit nehmen, am Besten nach Teilnahme an einer der fast stündlich stattfindenen Führungen. Dass wir diese Empfehlung ernsthaft geben, dessen kann der geneigte Leser versichert sein. Schließlich haben wir selbst uns einen weiteren Besuch - allerdings in wärmerer Jahreszeit - schon ganz fest vorgenommen.
Bei jenem unserem ersten Besuch nämlich ließen geschätzte 8 Minusgrade unser Blut fast in den Adern gerinnen, als wir nach kaum dreißigminütiger Anfahrt von Hetzendorf vor dem Kloster eintrafen. Dennoch, harte Hunde beißen sich da durch und so gelangen im Stiftshof doch noch einige erste Schnappschüsse, ehe wir vor dem Frost in die Aula flüchteten. Einerseits um unter beruhigender gre- gorianischer Choralbeschallung - ja genau, wir sprechen von jener CD der Heiligenkreuzer Mönche, die kürzlich erst zum internationalen Überraschungserfolg avancierte - langsam wieder aufzutauen, andererseits um uns durch das Studium der informativen Betafelung auf die bevor- stehende Führung einzustimmten.
So man hört, kann sich das Kloster normalerweise der nationalen und internationalen Touristenhorden kaum erwehren. Die an diesem Tag herrschenden Temperaturen und der relativ späte Termin ließen aber wohl manch einen Besuchswilligen verzweifeln und lieber hin- ter dem geheizten Ofen verharren. So kam es, dass der gute Mann der zur Führerschaft bestimmt war, einzig uns von Saelde und êre vorfand. Gut für uns, da uns dadurch eine Spezialbetreuung zuteil wurde, schlecht für ihn, der doch schon auf gänzlich ausbleibende Besucher und somit auf eine auftauende Stunde in der warmen Stube gehofft hatte.
Nichtsdestotrotz erwies sich die Führung als sehr informativ, wenn es sich auch Schwierigkeiten machte, gleichzeitig den Ausführungen zu lauschen, all die Kunstschätze zu bewundern, dann und wann Fotos zu schießen und mit den Armen wild um sich zu schlagen und von einem Bein auf das andere zu hopsen, um tunlichst nicht ein- und festzufrieren. Startpunkt der Begehung war das Westtor der romanischen Abteikirche, die jedoch schon Stilelemente der herannahenden Gotik zeigt. Entäuschung und Staunen folgten dem Eintritt in das dem 12. Jahrhundert entstammenden Langhaus: Enttäuschung, weil die Innentemperatur ziemlich den herrschenden frostigen Außentemperaturen entsprach und somit hier keine Rede von Aufwärmen sein konnte, Staunen hingegen über die Architektur und die reichlich vorhandenen Kunstschätze.
Im Inneren der Kirche, die eine Symbiose aus Romanik und Gotik darstellt, weil eben in zwei Etappen während des 12. und 13. Jahrhun- derts erbaut, bietet sich die einfache und erhabene Architektur dar, wie sie für Cistercienserkirchen üblich war. Natürlich haben auch nachfolgende Epochen noch zur Ausgestaltung des Innenraums beigetragen und so finden sich dort unter anderem die beeindruckende Koberorgel, auf der bereits solche Musikgenies wie Schubert und Bruckner und aber auch die schönen Schnitzwerke des Chorgestühls, an dessen Ausgestaltung Künstler wie Giuliani, Rottmayr, Altamonte mitgewirkt haben.
Über die barocke Sakristei mit ihren Fresken und den auffälligen Intarsienschränken, das Werk zweier Ordensbrüder, geht's dann wieder zurück ins Mittelalter. Die Fraterie war jener Raum, in dem die sehr der handwerklichen Tätigkeit zugetanen Cistercienser ehemals ihrer handwerklichen Tätigkeit nachgingen. Von hier führt übrigens eine Pforte in das ehemalige Skriptorium - dem einzigen Raum, der damals beheizt gewesen sein soll. Unvorstellbar, speziell bei jenen Temperaturen, die wir bei unserem Besuch vorfanden, dass die Brüder ehe- mals sogar im unbeheizten Schlafsaal nächtigten.
Eine abschließende Runde um den klassischen Kreuzgang, der einen wunderbaren Ausblick in den frostig darniederliegenden Kreuzgarten bietet, offenbarte auch noch einiges an Staunenswertem, grenzen doch einige interessante Räumlichkeiten daran. So der Kapitelsaal, der als Grablege für zahlreiche Babenberger diente, die Totenkapelle mit ihren morbid-grotesken Kerzenleuchtern und natürlich auch das Brunnenhaus mit dem 450 Jahre alten, romantisch vereisten Brunnen und den teilweise noch originalen, prachtvoll-bunten Fenstern, die unter anderem auch den Gründer, Markgraf Leopold zeigen.
Vereist war allerdings nicht nur der Brunnen, sondern nach der Führung auch unsereins. So eilten wir - der bemitleidenswerte Kloster- angestellte zur nächsten Heizung und wir zu unserem , mittlerweile ebenfalls eisigen, Fahrzeug. Egal, der Besuch war die Leiden mehr als wert und wird, dies sei versprochen, bei wärmerer Witterung wiederholt werden. Dann nämlich, bei 35° unter der Sonne sollten die besinnlichen Gänge durch den schattigen Kreuzgang, das Plätschern des Wassers im Brunnenhaus um Einiges angenehmer zu ertragen sein ...
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