Saisonabschlussfest der Greifensteiger in Molln
(13.-14.10.2007)
Oktober! Das ist jene Jahreszeit, in der sich das Laub bunt verfärbt und zu fallen beginnt, in der sich die Nebel erst spät am Tage lichten und in welcher das Telefon Feste und Märkte ersetzen muss. Als nun bei einem dieser Gespräche Werner, der Obmann der Getreuen zu Greifensteig, eine Einladung an uns aussprach, bei der diesjährigen Saisonabschlussfeier der Greifensteiger dabeizusein, sagten wir sofort zu - freuten wir uns doch darauf, gute Freunde wiederzusehen. Gespannt waren wir aber auch auf die Hirschensteiner Söldnerlanze, die ebenfalls ihr Kommen zugesagt hatten und die wir von einigen Mittelalterereignissen als große Donnerer und (Schlecht-)Wettermacher in Erinnerung hatten. Und natürlich auf die berühmte Mollner Schmidten bei der Lacken und ihren Meister Johann Schmidberger, von dem wir schon einiges gehört hatten. Welch tolles Wochenende sich aus dieser Einladung entwickelte, darüber mögt ihr hier nachlesen ....
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Eher zufällig hatte es sich ergeben, dass wir so spät in der Saison noch einmal Gelegenheit bekamen, ein Wochenende mit guten Freunden, den Getreuen zu Greifensteig, zu verbringen. Dass dies abseits der üblichen Feste in privatem Rahmen stattfinden sollte, nämlich beim Saisonabschlussfest der Greifensteiger, machte die Freude nur um so größer. Schließlich würde man so mehr Zeit für das eine oder andere Gespräch finden als dies bei üblichen Festen mit großem Besucherandrang der Fall ist. Die ebenfalls angekündigten bayrischen Gäste, die Hirschensteiner Söldnerlanze, kannten wir bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht persönlich - allerdings hatten wir des Öfteren schon von ihnen gehört (im wahrsten Sinne des Wortes ...). Dementsprechend gespannt waren wir schon auf unsere neuen Bekannten ...
Die Anreise nach Molln gestaltete sich abenteuerlicher als geplant: Ein Autounfall hatte sich ereignet und die daraus resultierenden Aufräumarbeiten zwangen uns von der Bundesstraße herunter zum Umweg über das bergige Hinterland; die schmale, kurvenreiche Straße führte uns vorbei an Hunderten von Schafen und widerkauenden Rindviechern, was wiederum den Kindern mehrfach ein begeistertes Muhen entlockte. Zum Glück fanden wir schließlich doch noch in menschenbewohntes Gebiet zurück und erreichten leicht verspätet den verabredeten Treffpunkt, die Schmidten bei der Lacken des Johann Schmiedberger. Der Tag selbst zeigte sich kühl, feucht und nebelig, aber glücklicherweise regnete es nicht mehr.
Unmittelbar vor uns waren auch die Greifensteiger eingetroffen, und wir wurden sofort von ihrem jüngsten, mit einem Holzschwert bewaffneten Recken bedroht. Naja, wie der Vater so der Sohn ... Nur von den Hirschensteinern fehlte vorerst - abgesehen von ihren Autos - jede Spur. Oder, wie andere behaupteten, ihre Spur verlor sich in einem Mollner Wirtshaus. Bald aber trafen auch sie ein und reihten sich in den Reigen der freudigen Begrüßungen ein - und so ergab sich erstmal ein riesiger Trubel, in dem wir die Übersicht über all die neuen Bekannten zu behalten suchten. Danach stand die Pflicht auf dem Programm: Zeltaufbau auf der Wiese hinter der Schmiede und letzte Einkäufe im Ort waren zu erledigen, ehe es richtig losgehen konnte.
Als wir zurückkamen, brodelte Bernds Eintopf bereits über dem Feuer und zeigte sich in etwas ... nun ... gewöhnungsbedürftiger Farbe. Doch spätestens nach der ersten Verkostung wussten wir, hier war ein Meister am Werken. Absolute Spitzenqualität, die der Koch da gezaubert hatte; man konnte gar nicht so schnell schauen, wie sich der der Topf leerte. Draußen dämmerte es bereits, die Seiten des Sonnensegels wurden geschlossen und nach und nach scharrten sich alle um das wärmende Feuer. Mittlerweile war die Stimmung noch ausgelassener, hatte uns doch Andreas von den Hirschensteineren mit einer Spezialmedizin das Herz erwärmt - einzig Kordula schien nicht mitbekommen zu haben, dass man Medizin nur in kleinen Schlucken zu sich nimmt. Gewirkt hat sie jedenfalls ... Gespeist wurde vielleicht nicht gerade nach Etikette, dafür aber äußerst üppig, schließlich stand ein großes Angebot zur Auswahl. Der Autor dieser Zeilen kann sich beim besten Willen nicht mehr erinnern, was er denn wann und in welchen Mengen verdrückt hat - wild durcheinander war es jedenfalls, so wie es einem jeden in die Hände gekommen ist. Doch Renes 'Beerenkompott', das er in kleinsten Bechern, aber dafür fortgesetzt, an Willige und Unwillige verteilte, ließ nicht einmal den Gedanken an Magendrücken aufkommen. Komisch - aber bei uns zuhause teilt man Kompott in großen Schüsseln und nicht in cl-Bechern aus. Da wird doch wohl nicht etwa Alkohol mit im Spiel gewesen sein?
Damit aber an dieser Stelle nicht der Eindruck aufkommen möge, es habe sich um eine Veranstaltung gehandelt, bei der allzuviel des Feuerwassers geflossen sei, möge der werte Leser dies zur Kenntnis nehmen: Es handelte sich bei den Festteilnehmern allesamt um Personen und Gruppierungen, welche bei fast den meisten ihrer Nachbarn im Ruf sittsamen und äußerst korrekten Benehmens stehen! Dieses zeigte sich ja auch darin, wie an das Essen anschließend kulturelles Gut gepflegt wurde: Unter der Leitung von Shelley und Andi wurden lustige Weisen zum Besten gegeben und einmal sogar die gesamte Gesellschaft zum gemeinsamen Kanon verdonnert. 'Wie die Nachtigallen ... ', soll ein begeisterter Mollner Spaziergänger geäußert haben - aber vielleicht war es auch nur Einbildung nach allzuviel Beerenkompott, die mich dies hören machte. Sei es wie es sei, in dieser künstlerisch fruchtbaren Umgebung ließ es sich auch die Gesangsgruppe von Sælde und êre nicht nehmen, musikalisch aktiv zu werden.
Mit Fortschreiten des Abends wurde die Runde noch durch zusätzliche Gäste erweitert. Johann der Schmied gesellte sich nach Abschluss des Schmiedeseminars, das er an diesem Tag gehalten hatte, mit seiner Frau zu uns. Mir bot sich die Gelegenheit zu einem längeren Gespräch mit ihm. Was es da an Interessantem zu erfahren gab, über die Waffen- und Harnischschmiedekunst oder über Dreharbeiten diverser Fernsehteams in seiner Schmiede, ließ uns staunen. Wohl niemand sonst hätte über die Belagerung von Burg Leonstein durch Herzog Albert im Jahre 1391 und den erstmaligen Einsatz von Kanonen auf österreichischem Gebiet so gut Auskunft geben können. Da hatte jemand seine Leidenschaft zum Beruf oder seinen Beruf zu seiner Leidenschaft gemacht und dies merkte man mit jedem Wort. Fachkenntnis pur und Liebe zur Geschichte! Klar, eine derartig lange Tradition hinterlässt eben ihre Spuren. Schließlich befindet sich die Schmidten bei der Lacken seit nunmehr gut 200 Jahren im Familienbesitz und das Schmiedehandwerk vererbt sich in der Familie Schmidberger vom Vater zum Sohn. Dass sich dies auch so schnell nicht ändern wird, dafür ist bereits gesorgt: Die Söhne sind ja ebenfalls bereits vom Schmiedevirus infiziert ...
Unzählige Gespräche entwickelten sich, Hannes wurde dabei ertappt, Geburtstag zu haben und musste einige Umarmungen über sich ergehen lassen, Margit wusste Interessantes von den Teutschen Gewandweibern zu berichten, die ja in Wirklichkeit nur zur Hälfte deutsch sind, und schon früher am Tag waren unsere Neidkomplexe geschürt worden - da nämlich, als uns Horst von seiner Burg berichtet hatte, einige tausend Quadratmeter nur, die er in Pacht hat. Warum haben wir so etwas nicht? Andererseits, ich wüsste ohnehin nicht, wohin damit in unserer kleinen Wohnung. Ist ja jetzt schon alles vollgeräumt ...
Zu Mitternacht hin ein weiterer Höhepunkt: Aus dem Hause Schmidberger wurden Überbleibsel der letzten Silvesternacht, drei Feuerwerksraketen nämlich, hervorgeholt. Den Besuchern zu Ehren und unter erstaunt-bewundernden 'Ahh!' und 'Ohhh!'-Rufen derselben zischten die Feuerwerkskörper in den Mollner Nachthimmel - sehr zum Schrecken der auf den benachbarten Weiden dösenden Rindern und der friedlich in ihren Betten schlafenden Mollner. Um diese Jahres- und Tageszeit hätte wohl niemand mit einem derart feinen, wenn auch kleinen, Riesenfeuerwerk gerechnet. Ein toller Abend, der jedoch danach noch immer nicht zu Ende war - denn jetzt konnte nach und nach über all jene gelästert werden, die den Fehler begangen hatten, sich bereits vorzeitig in die Zelte zu begeben ...
Mollner Oktobernächte sind eisig kalt - seit dieser Nacht wissen wir, wie sich die Teinehmer der Nanga Parbat-Expiditionen in ihren Zelten fühlen. Als wir denn frühmorgens steifgefroren und zitternd aus dem unseren krochen, um unser Leid mit all den anderen Lagergefährten zu teilen, dennoch ein wenig stolz darüber die Nacht überstanden zu haben, liefen uns doch glatt die ersten Hirschensteiner mit Shorts und kurzärmeligen Leibchen über den Weg. Die Kerle waren offensichtlich überhitzt und genossen tatsächlich die kühle Luft! Aber rasch folgte Aufklärung: Gasheizung im Zelt - so eine Gemeinheit! Den nächsten Schlag versetzte uns Manfred, der ebenfalls in luftiger Sommerkleidung unterwegs war - dies allerding ganz ohne Gasheizung. Sind halt doch harte Hunde, die Steirer! Leider hatten einige von den Getreuen schon zeitig in der Früh abreisen müssen, und so war keine Gelegenheit mehr gewesen, sich von ihnen zu verabschieden. Schade, aber man sieht sich ja wieder ...
Zunächst gab es noch ein gemütlichen Frühstück, bei dem wir wieder auf Betriebstemperatur gebracht wurden, doch schon folgte der absolute Sonntagshöhepunkt - die Führung durch Schmiede und Schmiedemuseum, vom Meister höchstpersönlich geleitet und kommentiert. Man kann nur jedem, der irgendwann irgendetwas in der Nähe von Molln zu erledigen hat, empfehlen, sich das Erlebnis einer Führung nicht entgehen zu lassen. Was da an Kunstwerken der Schmiedekunst aufbewahrt wird, Waffen oder Gebrauchsgegenstände, Selbstgeschmiedetes oder Originale aus alter Zeit, wie etwa die keltischen Blattspitzen oder die Armbrustbolzen, die seit der Belagerung der benachbarten Burg Leonstein im Boden dahinrosteten, ist unbedingt eine Besichtigung wert. In jeder Ecke finden sich Klingen, Morgensterne, Streitkolben und alles, was dem Mittelalterbegeisterten Freudentränen in die übernächtigen Augen treibt. Würden wir jetzt ein zweites Mal die Schmiede betreten, gäbe es sicherlich nochmal soviel zu entdecken wie beim ersten Besuch ... In der alten Schmiede, deren Ursprünge nachweislich ins 14. Jahrhundert zurückreichen, erfuhren wir dann noch so manches Wissenswerte über die Schmiedekunst und die eine oder andere Anekdote, was sich denn etwa bei frühren Dreharbeiten an diesem historischen Ort begeben hatte. Schade, dass dieser Vormittag so rasch verstrichen ist ...
Und dann war es schon wieder soweit. Nach der wunderbaren Mittagsverköstigung durch die Frau des Hauses ging es ans Einpacken und ans Verabschieden. Wie immer bei solch angenehmen und schönen Ereignissen war auch die Zeit an diesem Wochenende nur so dahingeflogen - ich wünschte, die Minuten würden auch beim Zahnarzt einmal so dahinrasen ... Jedenfalls war nichts zu machen - nach zahlreichen herzlichen Verabschiedungen brachen alle Anwesenden in die verschiedensten Himmelsrichtungen auf - nach Norden die Bayern, nach Süden die Steirer, nach Osten die am Babenbergerhof Beheimateten und die Schmiedbergers ca. 25 Schritt Richtung OstSüdOst in ihr Haus zurück ...
Ein wunderschönes Wochenende, gemeinsam verbracht mit alten und auch neuen Freunden, ist leider viel zu rasch zu Ende gegangen. Vielen Dank nochmals an Werner und die Greifensteiger für die Einladung und die tolle Gastfreundschaft, ebenso an die Schmidbergers für die wirklich nette Aufnahme. Und an die Hirschensteiner und alle die noch dabei waren, dafür, dass sie soviel dazu beigetragen haben, dass wir eine Menge Spaß hatten. Eines haben wir jedenfalls gelernt in Molln: Schachspielen ohne Figuren ist nicht möglich, selbst dann nicht, wenn man zwei Bretter zur Verfügung hat!
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