06. August 2011
Manches Mal begegnet man Schönem ausgerechnet dann, wenn man es am Wenigsten erwartet. Der feuerglühenden Blume etwa in-mitten der Disteln oder der liebreizenden Schäferin auf steiniger Weide. Manchmal sogar Autoren, die nicht solch schwülstige Sätze von sich geben. Wie dem auch sei, derartigem begegnet man allenfalls zufällig; dann nämlich, wenn man nicht danach sucht. Darum wollen wir hier einen Stab brechen (Woher diese Redewendung stammt, wollt ihr jetzt wissen? Nun, da ist wieder eine Idee geboren für einen Artikel zu späterer Zeit ... ).
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Einen Stab brechen? Wofür? Für das plan- und hilflose Herumirren in fernen Einöden; dann solcherart fand schon Parzival die Gralsburg, fanden wir bereits manch Tankstelle - und auch das Juwel, dass wir euch an dieser Stelle mit einigen Fotos und wenigen kurzen Sätzlein vorstellen wollen. Kurz deshalb, weil der, der all die Schönheit unserer Entdeckung gebührend bestaunen will, dies ohnehin nur vor Ort tun kann. Denn, wie der große Dichter schon sagte, um sich ein wahres Bild von der Abgründen des Walfischmauls machen zu können, muss man den tranigen Atem des Leviathans im Nacken spüren.
Was also war geschehen, an jenem Samstag im August? Der Abrieb unserer Reifen zierte bereits einige Kilometer Landstraßen im fernen Burgenland und, nachdem wir eine Burg bestiegen hatten(von der ihr ein andermal mehr erfahren sollt), stand unser Begehren danach bis zu einer festgesetzten Stunde einen bestimmten Sportplatz zu finden; da, als wir einmal mehr die Orientierung verloren und gerade wieder einmal kehrtgemacht hatten, erhoben sich am fernen Horizont die Umrisse einer beeindruckenden Kirche. Und schon zog es uns hin, staunenden und begehrlichen Blickes - wie die Fliegen zur morgendlichen Marmeladesemmel (= ndt. Konfitürenbrötchen).
So staunten wir nicht schlecht, als wir eine große, spätgotische Kirche vorfanden inmitten eines kleine idyllischen Dörfchens mit dem sprechenden Namen Mariasdorf - schließlich handelt es sich bei der Kirche um eine, die der Heiligen Jungrau geweiht ist und sich Mariae Himmelfahrt nennt. Also verdankt ihr die Bilder dem Zufall und unserem fehlenden Navigationssystem - wo kämen wir auch hin, mit all diesem neumodischen Zeugs ... womöglich am Ende noch ans Ziel.
Mit der Errichtung von Mariae Himmelfahrt wurde um 1400 begonnen, auf den Fundamenten einer älteren Kirche, das erfuhren wir aus den angebrachten Informationstafel und aus der Broschüre, die es dort zu erwerben gab - solche Publikationen bieten stets viel Inter- essantes, wenn man sie nicht - so wie uns geschehen - irgendwohin verlegt. Und gerade jetzt kann ich sie nicht finden. Egal, erzählen wir die Geschichte wie's die Altvorderen taten - aus dem lückenden Gedächtnis nämlich.
Begonnen wurde die Kirche. Allerdings wenig gebaut vorerst - nur das Presbyterium. Fertiggestellt wurde sie allerdings nicht. Nach einer ersten Bauphase dürften wohl die wirren Jahren des 15. Jahrhunderts zum Baustopp geführt haben. Gegen Ende des Jahrhunderts wurde dann fortgesetzt - Kirchenschiff, Westportal, Stufentürme und Sakristei kamen dazu und langsam erstand der Bau in seiner spätgotischen Form ...
... um dann schon bald nicht mehr dem herrschenden Kunstempfinden zu entsprechen - der Nachteil, wenn man sich beim Bau soviel Zeit lässt. Moden ändern sich nämlich (was etwa halbwüchsige Töchter ihren Eltern fortdauernd im Bewusstsein halten). Also wurde im 17. und 18. Jahrhudert fleißig 'barockisiert' - und dann, beginnend 1882, wieder regotisiert. Und, unter der künstlerischen Leitung von Imre Steindl, des Architekten des ungarischen Parlaments, wurde endlich fertiggestellt, was vor so langer Zeit begonnen, mitsamt der neugotischen Innenausstattung wie dem Hochaltar, der selbst in Form einer gotischen Kirche gestaltet ist, des Taufbeckens, der Kanzel, usf. Somit ist Mariae Himmelfahrt eine Mischung aus Mittelalter und Historizismus - aber eine, deren Komposition gelungen und deren Besichtigung daher mehr als nur empfehlenswert ist (... was immer der letzte Satz auch bedeuten mag.)
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