Sælde und êre - Geschichtswerke aus unserer Bibliothek

Zurück zur Bibliotheksseite, zum Anschlagbrett, oder zur Hauptseite

Kleiner Zwischenraum

'Chronik' oder 'Die Geschichte der zwei Staaten'

Chronica sive Historia de duabus civitatibus nennt Otto von Freising sein Werk, also 'Die Geschichte der zwei Staaten'. Seine Chronik gilt uns als eines der bedeutendsten Geschichtswerke des Mittelalters. Dass er in ihrem Zusammenhang auch 'Von der Veränderung der Dinge' spricht, verrät schon viel über die Geisteshaltung und die Weltsicht Ottos. Denn mit der Veränderung meint er das herannahende Ende des irdischen Reiches - eine pessimistische Weltsicht, die wohl den Umständen seiner Zeit geschuldet ist.

Und Otto hatte wahrlich tiefe Einblicke ins politische Geschehen. Geboren als der fünfte Sohn des Babenberger Markgrafen Leopold (oder Luitpold) III., der auch als 'der Fromme' bezeichnet wird, und Agnes, der Tochter Kaiser Heinrich IV., gehörte er einem der bedeutenden Fürstengeschlechter des Reichs an; zu seinen Brüdern zählen unter anderen Leopold IV., der spätere Herzog von Bayern, und Heinrich II., später Herzog von Österreich. Sein Halbbruder Konrad, der Agnes erster Ehe mit dem Staufer Friedrich entstammt, wird gar als III. zum deutschen König werden, sein Neffe Friedrich Barbarossa zum Kaiser.

Ottos berühmtes Geschichtswerk in der WBG-Ausgabe ...

Aber was tut man mit einem fünftgeborenen Sohn aus hochadeligem Hause? Richtig, man lässt ihn die kirchliche Laufbahn einschlagen, macht ihn bereits in jungen Jahren zum Probst des Stifts Klosterneuburg und schickt ihn zur Ausbildung nach Paris, wo er die Vorlesungen der geistigen Größen seiner Zeit hört. Dass er bei seiner Rückreise bei den Zisterziensern des Klosters Morimund 'hängenbleibt', war wohl so nicht geplant, hat aber auf seine Karriere keine negativen Auswirkungen. Schließlich wird er dort Abt und später Bischof von Freising und Leibbiograph seines Neffen Friedrich I.

Aber das ist nicht die Platz, an der wir über Otto selbst berichten wollen. Vielmehr ist es sein monumentales Geschichtswerk, dam wir diesen Beitrag widmen wollen. Entstanden ist es in den Jahren von 1143 bis 1146, einer wirren, unruhigen Epoche - daher auch die pessemistische Grundhaltung -; überarbeitet hat er es noch einmal 1156, einer Zeit, als er mit der Herrschaft Barbarossas vieles besser sah. Els gilt als Höhepunkt mittelalterlicher Geschichtsschreibung, gleichzeitig als beeindruckende Ausformung augustinischem Denkens.

Wie es in seiner Zeit üblich war, ist die Chronik auf Latein verfasst; sie gliedert sich in acht Bücher. Beginnend mit der Erschaffung Adams kompiliert Otto in den ersten sechs Abschnitten, was er von früheren Autoren Wissenswertes gewinnen kann. Dabei sieht er, ganz mittealterlich-geistlicher Denkweise verpflichtet, ein Fortschreiten der Entwicklungvon Ost nach West, und ein schließliches Einmünden in eine Endzeit, nach der das Gottesreich kommen soll. Folgerichtig schildert das achte Buch eine Vision des Endgerichts.

Dazwischen liegt der siebte Abschnitt, in welchem sich Otto mit den Geschehnissen seiner Zeit auseinandersetzt; aber er braucht nicht als Zuseher zu berichten, er kann es als Beteiligter. Schließlich war er selbst hautnah beim Misslingen des zweiten Kreuzzuges dabei; schließlich erledigte er für seinen Kaiserneffen nicht nur einmal diplomatische Aufgaben - als Bischof dem Papst verpflichtet und als enger Verwandter dem Kaiser nahestend ... ein Spannungsfeld, aus dem sich manches berichten lässt. So wird dieses siebente Buch zur besonderen Fundgrube für die damaligen Ereignisse.

Die hier vorgestellte Ausgabe der Deutschen Buchgesellschaft WBG ist in der Freiher-vom-Stein-Gedächtnisausgabe erschienen, in der noch andere Originaltexte verlegt sind - etwa die Briefe des Bonifatius oder die Chronik des Thietmar von Merseburg. Nebstbei bemerkt war dieser Heinrich Friedrich Karl Reichsfreiherr vom und zum Stein ein preussischer Politiker, der sich mit der Initiative zur Gründung der Monumenta Germaniae Historica, also der wissenschftlichen Edition mittelalterlicher Quelltexte, hervorgetan hat.

Für unsere Lateiner sei positiv angemerkt, dass es sich um eine zweisprachige Ausgabe handelt; sie müssen also nicht auf ihre abendliches Originallektüre verzichten. Für die Nichtlateiner sei positiv angemerkt, dass es sich um eine zweisprachige Ausgabe handelt. Das Nachteil des dadurch zusätzlich anfallenden Gewichtes des imposanten Bandes (immerhin 760 Seiten), wird durch die Möglichkeit, mit lateinischen Zitaten allenortens zu punkten, mehr als nur ausgeglichen, wie wir meinen. Und mit einem Preis von rund 20 € ist die Ausgabe unvergleichlich günstig. Also zugreifen!

Zurück zur Bibliotheksseite, zum Anschlagbrett, oder zur Hauptseite

Kleiner Zwischenraum

© 2011, Gestaltung und Inhalt: H. Swaton - alle Rechte vorbehalten