Sælde und êre - Arbeitsgruppe Handwerk und Ausrüstung - Theorie

Tafelmalerei des Mittelalters - Teil 1: Verwendete Holzarten

'Zeuxis malt Helena', Miniatur einer flämischen Handschrift, spätes 15. Jhdt.

Das vielleicht seltsam anmutende Bemühen manches dilettierenden Hobbyhandwerkers, mittelalterliche Gebrauchsgegenstände, Waffen, Rüstungen, Kunstgegenstände und dergleichen mehr nachzubilden, mag vielerley Gründe haben. Man denke nur an die vielen Gruppen und Vereine, welche sich (vom PKW, der, am uneinsichtigen Fuhrpark abgestellt, dort geduldig des Endes jeglicher Festivitäten harrt, oder auch der Zahnbürste und der komfortablen Luftmatratze im Zelt abgesehen) die mehr oder minder stilgerechte Darstellung mittelalterlichen Lebens auf die Wimpel geheftet haben und sich nicht mit der üblichen käuflich erwerblichen Stangenware zufriedengeben wollen.

Was wurde und wird da nicht alles gebaut und gefärbt, geschneidert und gewoben: vom stilgerechten Kerzenhalter über manch Geschmeide und klirrend Kettenhemd, vom schlichten Leinenhemd bis hin zur staunenswerten Nachbildung der normannischen Eroberung Englands via Wandteppich, von Englands später Rache, dem Langbogen bis zum ausgeklügelt konstruierten und bösartig gut funktionierenden Trebuchet. Manches davon, aber beileibe nicht alles, vermag den gehobenen Ansprüchen des historisch Bewanderten genügen - wir müssen es wissen, schließlich beherbergen wir in unseren Reihen nämlich genau solche Dilettanten, die sich nicht davor scheuen, beim Handwerken einen jeden Fehler zu begehen, den es zu begehen gibt ...

Macht nichts, trösten wir uns ob unserer Unzulänglichkeit. Nur wer selbst ohne Fehl ist in dieser Hinsicht, der schleudere das erste Geschoß. Zudem bemühen wir uns stets, Neues zu lernen vom Alten, indem wir fleißig durch die Lande reisen und Überkommenes besichtigen oder, in den kalten Zeiten des Winters, die Literatur erkunden nach Geheimnissen und Kunstfertigkeiten, nach Verfahren und Methoden. Und da gibt es eine Menge zu heben an altem Wissensschatz. Manches von dem, was wir derart ergruben, wollen wir euch hier in einer Folge von Artikeln mitteilen, auf dass ihr beim nächsten Festbesuch die schelten mögt, die nicht streng im 'A' sind ...

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Mittelalterliche Tafelmalerei 1: das Trägermaterial für den Malgrund

Wenn ihr älteren Geburtsjahrganges seid, erinnert ihr euch vielleicht noch; an den letzten Stauferkaiser und - ähnlich lange zurückliegend - an unsere frühen Bemühungen, mittelalterliche Bilderwelt auf das eine oder andere altertümlich gestaltete Spiel zu bannen, um derart für Unterhaltung am abendlichen Lagerfeuer gerüstet zu sein. Aber auch schlichte Bilder waren es, die wir aus Spaß am Experimentieren gestalteten, in der Formgebung der Figuren und Ornamente stets mittelalterlichen Vorlagen angepasst.

Holz: Das Material, aus dem sich die mittelalterlichen Künstler ihre Bildträger fertigen ließen! Sucht euch einen Stamm aus, und dann ... los ...!

Nun ist es aber so, dass man bei genauerer Betrachtungsweise sagen muss ... Oder nein, fangen wir beim Positiven an. Denn das Material, das uns stets als Träger unserer Malereien diente, das war Holz - und als solches richtig gewählt. Denn auch die Tafelmaler des Mittelalters verwendeten als Trägergrund für ihre Bilder beinahe ausschließlich Holz. Wenn man allerdings nur einen kleinen Schritt weiter geht, so ist rasch zu erkennen, dass sich mit dieser Gemeinsamkeit der alten und unserer Vorgehensweise schon beinahe erschöpfen.

Diese bedauernswerte Umstand erwächst bereits aus der Art des verwendeten Holzes, setzt sich fort über die Vorbereitung des Malgrundes bis hin zu den verwendeten Mal- und Färbemitteln aber auch den Motiven, die wir häufig der Buchmalerei entlehnten, und deren Farbgestaltung. Wie das alles richtig zu machen wäre, oder zumindest richtiger, darüber sollt ihr hier nachlesen können.

So sahen sie aus, die alten Werke unserer unbedarften Jugendjahre: einige der Holzmalereien von Sælde und êre ...

Zurück also zum Ursprung - zum Holz nämlich! Das war überall leicht zu beschaffen und ließ sich sich auch zu festgefügten Tafeln unterschiedlichster Größen zusammenfügen, deren Oberfläche man auch gut und immer besser zu glätten verstand. Beste Voraussetzungen also, um es zum universellen Malgrund werden zu lassen. Damit war es aber immer noch nicht getan mit der Vorbereitung für das neue Bild. Schließlich galt es noch, erst eine leimgebundene Grundierung aufzubringen - oftmals auch über eine aufgespannte Zwischenschicht aus Tierhaut oder Stoff -, die dann noch fein zu schleifen war, ehe man mit dem eigentlichen Farbauftrag beginnen konnte.

Und das Holz? Verschiedene Sorten waren es, welche die Tischler Europas den Malern zulieferten! Nämlich die jeweils im heimischen Wald beheimateten Arten; dies so ausschließlich, dass man sich heutzutage alleine aus der verwendeten Holzsorte eines Gemäldeträgers aus der Zeit zwischen dem 12. und 16. Jahrhundert Rückschlüsse auf Herkunftsland und bestimmte Kunstlandschaften zu ziehen getraut.

So kam in den Niederlanden und im Norden Deutschlands fast ausschließlich Eichenholz zum Einsatz, während Tanne und Fichte in der Malerei des mittel- und süddeutschen sowie des Donau- und des Alpenraumes die vorherrschende Rolle spielten. Weite Verbreitung fand in diesen Gebieten aber auch die Linde. Ausnahmen (wie die Verwendung der Zirbelkiefer in Tirol oder aber auch die gelegentliche Verwendung von Eiche zu Beginn des 15. Jahrhunderts) bestätigen wie stets die Regel.

Für die polnische Malerei charakteristisch ist das Lindenholz, ebenso wie für die Böhmens und Südmährens, während in allen anderen teilen Mährens die Tanne dominiert. Allerdings finden sich Gemälde auch auf Kiefer, Fichte, Erle, Buche und Eiche.

In England und in den französischen Gebieten nördlich der Loire war wiederum die Eiche (neben einem geringerem Anteil von Pappel und Linde) vorherrschend, während südlich davon alles verwendet wurde, was Wurzeln besaß und nicht rechtzeitig zu flüchten vermochte (Nuss, Eiche, Pappel, gelegentlich auch Tanne, Fichte, Ulme, Weide und Fischstäbchen ...). Dagegen bevorzugten die Italiener Pappel, daneben kamen auch Weiden- und Lindenholz zur Anwendung, während in Spanien mit Ausnahme Kataloniens meist die Kiefer herhalten musste. Die stolzen Katalonier gaben hingegen der Pappel den Vorzug. An den Randgebieten wurden der Kunst wiederum Fichten (Pyrenäen), Strandkiefer (Atlantikküste) oder Zypresse (im Süden) geopfert, während man in Portugal neben dem der Eiche auf das Holz von Edelkastanie, Nussbaum und Zypresse setzte.

Auch für die Ikonenmalerei gilt: Man nahm, was man bekommen konnte. In Russland Linden-, Erlen-, Eichen- und Birkenholz, am Balkan Linde, Birke, Eibe, Edelkastanie, Birne, Sykomore und in Griechenland vorwiegend Zypresse.

Nach all dem Gesagten gilt also: Wollt ihr authentisch sein (oh, jetzt ist es uns doch entwischt, das unsägliche Wort ...) bei der Gestaltung eurer Gemälde, so müsst ihr bloß in den heimischen Wald gehen und euch dort den mächtigsten Riesen ... nein, geht lieber zum Tischler, der euch mit einheimischen Holz zu Apothekerpreisen beliefern kann. Und was damit? Wo den Hobel angesetzt, wohin den zeternden Specht evakuieren? Langsam, langsam, so schnell schießen sie nicht, die Preussen! Legt den Baumstamm erst einmal in eurem Keller ab oder in der gemeinschaftlichen Waschküche. Dort lasst ihn einige Wochen ruhen. Denn was damit zu tun ist, das verraten wir erst in der nächsten Folge dieser Serie ..

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