Sælde und êre - Arbeitsgruppe Mittelalterliches Spiel

Herstellung eines Schachzâbel - Die Rückseite /Teil 6

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Schachzâbel: Die Rückseite - Der Mann für's Grobe ...

Zu Teil 1 - Das Spielbrett auf der Rückseite oder zu Teil 2 - Nun sind die Damen an der Reihe oder
zu Teil 3 - Lasst nun die Herren die Damen unterhalten oder zu Teil 4 - Der träumende Poet ... oder
zu Teil 5 - Zum Tanze wir bitten ...

Nun, nachdem bereits für drei unserer Holden sich jeweils ein männlicher Gefährte zur Unterhaltung gefunden hat, ist es an der Zeit auch der vierten Dame einen Verehrer zuzugesellen. Dabei sollte in der Darstellung wieder ein anderer Aspekt adeligen Le- bens zum Ausdruck kommen.

Wenn wir überblicken, wer sich denn bereits auf dem Brett tummelt, dann erkennen wir den Poeten und den Liedsänger, aber auch ein Tänzer hat sich bereits eingefunden. Zweifelsohne Tätigkeiten, wie sie dem mittelalterlichen Herrn gut zu Gesichte standen. Wenn er denn einmal Zeit dazu fand. Denn bedauerlicherweise war die mittelalterliche Epoche über weite Strecken keine friedliche und der standesbewehrte Ritter hatte alle handschuhbewehrten Hände voll zu tun, um die Mauren zu bekriegen oder die Dörfer seiner verfeindeten Nachbarn zu plündern.

Noch sieht er etwas blass und farblos aus, unser Herr Ritter. Ob das wohl am bevorstehenden Waffengang liegt? Aber nicht mehr lange, ...

Also lag es nahe, neben dem Tänzer nun einen zweiten Mann der Tat auf das Spielbrett zu bannen. Diesmal aber in krieger- ischer Aufmachung, die ja immerhin einen Gutteil der Zeit als Arbeitskleidung getragen wurde. Nun, ganz so schlimm mag es ja doch nicht sein, denn immerhin wurde dabei nicht nur ernsthaft dreingehaut, sondern es gab ja noch das Turnier als Ersatzbe- schäftigung für den gelangweilten Adeligen, das zu Ertüchtigung wie Training ebenso herhalten mochte wie zur Erringung sozi- alen Ansehens und materieller Sicherung. Über die Entwicklung der dabei einzuhaltenden Regeln und wie ein solches Turnier in der zeitgenössischen Literatur geschildert wird, darüber mögt ihr in den entsprechenden Artikeln auf dieser Seite mehr erfahren.

... denn nach bestandenem Waffengang strahlt er in allen Farben.

Tatsächlich scheint sich unser Herr Ritter gerade für einen Waffengang bei einem derartigen Turnier gerüstet zu haben. Dafür sprechen die vor dem Zelt aufgestellten Lanzen, derer man ja im Verlaufe eines Stechens durchaus mehrere benötigen konnte. Kettenhemd, Helm, und zwar der Topfhelm des späten 13. und frühen 14. Jahrhunderts, Schild in Manesseform, Lanze und das Schwert - nur der Knappe, der das Pferd zuführen soll, hat sich verspätet. Der weiße Gurt ist im deutschen Sprachraum übri- gens ein untrügliches Zeichen dafür, dass man es mit einem wirklichen Ritter zu tun hat.

Jenen unserer Leser, welche die Abbildungen des Codex Manesse bekannt sind, dürfte die Ähnlichkeit unseres Recken mit dem dort abgebildeten Herrn Wolfram von Eschenbach, dem Verfasser des Parzival und des Willehalm, auffallen. Tatsächlich hat sich Herr Wolfram für die Abbildung auf unserem Schachzâbel bereit erklärt, sein Wappen kurzfristig mit dem von Saelde und êre zu vertauschen. Ihm sei's gedankt.

Damit er für diesen Freundschaftsdienst nicht unbelohnt bleibe, haben wir ihm noch ein Zelt aus spanischen Landen spendiert, welches Vorbildern aus dem berühmten Spielebuch Alfons des Weisen aus dem späten 13. Jahrhundert, dem Libro de los Juegos, nach- empfunden ist. Für den bevorstehenden Waffengang mögt ihr ihm jedenfalls alles Glück wünschen, auf das er mit heilen Knochen zu seiner hochgestellten Minnedame zurückkehren möge ...

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