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Deftige Wurstknödel im Kraut
Hört ihr des Öfteren die Botschaften der neuzeitlichen Herolde? Hört ihr sie in ihren weißen Alchemistenröckchen trommeln und gewichtig verkünden, ihr möget eure kampfgestählten Körper fürderhin von Gräsern und Samen nähren, vom fauligen Apfel und der ärmlichen Frucht der Felder? Vom Heuschreck gar oder vom fetten Engerling - obenauf auf dem bärlauchgedeckten Fladen?
Nein, nein, nein, hör' ich euch da rufen, solches ist nicht das Mahl, das eines wackeren Rittersmannes, einer edlen Frouwe zum wohlgenährten Gesichte steht! Uns, denen von Gottes Gnaden bestimmt ist, Besseres zu speisen, uns mag man nicht Mücke und Ähre, mag man auch nicht Borkenkäfer und Kastanie zum Fraße vorsetzen - wer solches Ansinnen an uns richtet, der mag zur Sühne die tautropfenden Steine unseres tiefsten Verlieses erkunden und sich dort selbst an Assel und Spinn' erquicken!
Wir, die wir die Herren sind, wir wollen unsere Wämste derart füllen, wie es unserem Stande angemessen ist, die stattlichen Bäuche, auf dass man uns ob unserer stattlichen Gestalt jene Achtung entgegenbringe, der wir ohne Zweifel teilhaftig sein sollen. Seid ihr nun, nach so vielen Worten über Bäuche und Wämste und die richtige Speis', selbst recht hungrig geworden? Hat innen, in eurer Leibesmitte, der unersättliche Wolf seine knurrende Stimme erhoben?
Dann geht's euch wie uns! Rasch also, folgt uns, eilt hinter uns her, den kürzesten Weg hinab, am Rittersaal vorbei, direkt hinein stattdessen in die Kemenate, durch, rasch hindurch, und stört euch nicht am Gekreische und Geschimpfe der halbbekleideten Frouwen und der erschrockenen Mägdeleyn in ihren Zubern! Ha, kein wütendfeuriger Blick, kein weißblinkender Schenkel vermag uns heute zum Innehalten und zum Gaffen bewegen, denn uns steht der Sinn nach anderen Genüssen, steht der Sinn danach, Gaumen und Wamst zu erfreuen.
Zu erfreuen an den saftigen Keulen vom Hirsch, an Meister Lampes zartgegarten Rücken, am strengen Fleisch der wilden Sau, an prallgefüllten Würsten, an Schwan, Gans und Erpel. Hin also zu den Regalen, hin zu den Haken, wo ... - ach! - ... wo nichts mehr hängt und lagert, als denn ein paar müde Reste von verschüttetem Mehl, Meister Lampes zerfetztes rechtes Ohr und noch ein halbes Dutzend halbausgelutschter Zipfel Wurst.
Jetzt erst fallt's uns wie Schuppen vor die Augen! Waren da nicht die drei Festgelage, kürzlich erst, von denen uns immer noch der Schädel dröhnt und pocht? Wo die nimmersatte Meute vor nichts Essbarem Halt machte, und unaufhaltsam, wie einst Saladins Sarazenen im Heiligen Land, eine nach der anderen der Vorratskammern plünderte. Ja, wo selbst die edlen Schlachtrösser im Stall um Leben und zukünftige Karriere zu zittern hatten!
Was nun? Die Gäste sind hungrig - schon mustern sie mit hinterhältigem Blicke unsere füllige Gestalt! -, die Kammern fast leer. Vielleicht hätten wir doch besser in der Kemenate verbleiben sollen, doch nun, wo die Treppe blockiert und jene, die dort knurren wie das ausgehungerte Rudel zur Mitwinternacht, nicht zu weichen gewillt sind, nun ist's für diese Einsicht zu spät. Also heißt es, nach einem hastigen Blick über die jämmerlichen Reste, zu improvisieren, auf das die Meute ermüdet und befriedigt werden kann.
Rasch begonnen daher mit Deftigem, das die Wämster füllt und die Gemüter zu sänftigen versteht ...
... und nimm an Zutaten (wenn denn drei bis fünf Hungrige noch mit dir zu Speisen gedenken):
Da die Mägdeleyn immer noch nackig in ihren Zubern planschen, müsst ihr nun alle selbst Hand anlegen (nicht bei den Mägdeleyn, Gott behüte - die sind euch noch gram wegen vorhin!). Nehmt also einen passenden Topf, füllt das Mehl hinein, brackiges Wasser von der Zisterne - oder, sofern euch der Weg zu weit, von einer der Pfützen am Boden - und ein paar Löffelchen vom Öl ('Hat jemand etwas Waffenöl zu Hand? Bitte!') und lasst einen eurer Gäste salzen, vermischen und kneten (er mag dabei an die Kemenate denken), bis der Teig geschmeidig ist. Den mag er dann zur Rolle formen, welche nun ein Halbstündeleyn rasten darf. Vielleicht bittet ihr ihn noch zuvor, die Hand am Rock zu reinigen ... (schon zu spät? Egal, wird ja ohnehin noch gekocht!)
Die anderen Gäste mögen derweil ihre schartigen Dolche ziehen und die Reste der Wurst aus den Wurstzipfeln schaben. Wird auch noch ein Fetzen Selchfleisch oder der Rest vom letzten Braten entdeckt - hinzu damit. Doch Vorsicht, möglicherweise liegt noch irgendwo jener Finger herum, denn ein Gast des letzten Gelagens seit der nächlichen Rauferei vermisst. Immerhin ist im flackernden Halbdunkel nicht immer zu erkennen, was man da würfelt und kleinschneidet, in den Topf wirft und salzt und pfeffert und mit Knoblauch und Zwiebel abschmeckt ...(schon zu spät? Egal, wird ja ohnehin noch gekocht! Mit viel gehackter Petersilie ist's dann auch geschmacklich in keinem Fall ein Problem!)
Setzt dann all die wackeren Rittersmänner, die bei euch zu Gaste sind, an den großen Tisch und lasst sie gemeinsam Bällchen aus der Fülle formen und sie mit Teig ummanteln, derjenige unter ihnen, welcher das schönste Knödelchen formt, mag noch mit einem kräftigen Hurra gepriesen werden ... - ihr werdet sehen, es wird den Recken Spaß machen, wodurch der Abend zum Ereignis verkommen wird, den die Sänger noch in zukünftigen Tagen preisen werden! Und wollt ihr den Geschmack eurer handgeformten Zärtlichkeiten noch weiter verfeinern, weil denn die Gaumen solcher Feinschmecker, wie die, die bei euch weilen, verwöhnt werden wollen, dann bedeckt die Knödel, nach 15 Minuten Tauchbad im Siedenden, noch mit einem speicheltreibenden Überguss aus Sauerrahm und Ei, ehe ihr die herrlich geformten Rundungen für ein Weilchen in den Backofen schiebt ...
Kraut? Wer hat da Kraut gesagt? Nun gut, wenn's denn dann schon erwähnt wurde - natürlich mag ein deftiges Knödelgericht auch mit Kraut in seinem Geschmacke veredelt werden. Wenn also alles vorhanden ist, wessen es dazu bedarf, dann, ... ja dann mögt ihr an dieser Stelle nachlesen!
So denn, nicht länger gezögert - und wenn euch beim Beißen etwas Hartes zwischen die Zähne gerät, dann lasst euch dessen nicht verdrießen, vielleicht wars ja doch nur nur ein Stück von der Eischale und nicht ...
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