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Reclams Handbuch für künstlerische Techniken
Es ist noch gar nicht so lange her (wenn wir es recht bedenken, sind doch schon wieder einige Jahre ins Land gestrichen ...), dass wir in diesem Bibliotheksbeitrag über eine Buchausgabe berichten durften, die uns Normalsterblichen eine der berühmtesten Kunsthandschriften des Mittelalters, die Schedula diversarum artium des Theophilus Presbyter wieder verfügbar macht.
In dieser, wahrscheinlich im 12. Jahrhundert entstandenen Schriftensammlung, berichtet uns der im Kunsthandwerk sicherlich selbst erfahrene Benediktinermönch, über verschiedene kunsthandwerkliche Techniken seiner Zeit - so etwa über Maltechniken und die dafür benötigten Farben, über Techniken der Glasherstellung und -bemalung und über die Goldschmiedekunst. Natürlich, wie es dem Trend der Zeit entsprach im schlampigen Latein seiner Zeit.
Interessant zu lesen - und doch in vielen Fällen schwierig zu interpretieren für jene, die heutzutage gewillt sind, alte Techniken versuchsweise wieder zum Leben zu erwecken - oder zumindest ein wenig an ihnen zu dilettieren trachten. Vor allem ist der Umstand dafür verantwortlich, dass Theophilus seine Schriftaufzeichnungen, die sicherlich der Ausbildung dienen sollten, wohl als Ergänzung zur praktischen Arbeit mit einem erfahrenen Meister sah - und darum manch Hinweis mehr als Gedächtnisskizze zu sehen ist, denn als genaue Bedienungsanleitung ...
Genau an diesem Punkt, und wie vom Stoßseufzen des unbegabten Möchtegernhandwerkers gerufen, so scheint es uns, tritt nun das titelgebende, grandiose Reclam Handbuch der künstlerischen Techniken auf den Plan! Warum wir es als grandios bezeichnen? Nun, einerseits würde man als unbedarfter, 'Do it yourself in ten minutes'-Hobbyist das Innere eines solchen Handbuches mit 200, vielleicht 300 Seiten veranschlagen. Doch hier, weit gefehlt!
Denn jenes Handbuch besteht aus drei Bänden mit zusammen gut und gerne 1400 Seiten! Zugegeben, in Zeiten von Twitter und 'LOL'-Kommunikation mag das etwas viel scheinen. Doch dem, der sich mit alten Handwerkstechniken beschäftigen will, sei es aus eigener leidvoller Erfahrung gesagt: diese Fertigkeiten lernt man nicht in 10 Lektionen a' 5 Minuten vor dem Frühstück. Da brauchte es früher für den Lehrling und anschließend Gesellen lange Jahre an Ausbildung.
Wen wunderts's, dass dann derart viele Seiten nötig sind, um viel von diesem Wissen weiterzugeben. Denn genau das sind die Inhalte des Handbuches und es findet sich (sehen wir einmal von der Goldschmiedekunst ab) in besagten Bänden viel von dem wieder, das auch Theophilus uns in kürzerer Form berichtet.
So behandeln die knapp 500 Seiten des ersten Bandes solch faszinierende Themenpunkte wie Farbmittel und die dafür verwendeten Materialien und Herstellungsprozeduren ebenso wie ihr erstes bekanntes Auftreten, ob sich dieses nun im Ägypten der Pharaonen oder im Chemikerexperimentierlabor des 19. Jahrhunderts ereignete.
Was aber macht man mit (originalgetreuen) Farben? Richtig! Man bemalt ... Buchseiten zum Beispiel, Tafeln auch und Leinwände. Mittelalterliches Malhandwerk par excellence. Und genau das wird in allen Details, detailliert und an passender Stelle (etwa wenn es um die Herstellung von Bilderrahmen geht) mit Abbildungen und Skizzen ergänzt, in diesem ersten Band erläutert. Mit allem was dazugehört - also auch der Herstellung von Kreidegründen und der Erstellung von Metallauflagen etwa.
Band 2 ist (außer für angehende und bereits etablierte Restaurateure und Kunsthistoriker) wohl hauptsächlich für jene hilfreich, die zuhause ein wenig mehr Platz aufbringen können; wer nämlich ein Schloss oder einen Palast sein Eigen nennt, der mag schon einmal über das Anbringen eines großflächigen Freskos oder Mosaiks nachdenken - wie das geht, ist auf eben mal 540 Seiten erläutert. Vor dem Anbringen an Bahnschallschutzwänden und anderen großflächigen 'Malgründen' wird allerdings ausdrücklich gewarnt, da das Vorhandensein anderer Gestaltungstechniken nur eine sehr bedingte Lebensdauer der Kunstwerke erwarten ließe ...
Und wenn's dann schon einmal das eigene Schlösschen mit seinen zwei Flügeln, 46 Zimmern, drei Freitreppen und der Schwarzen Kammer ist, das stilgerecht ausgestattet werden muss, dann kommt selbstverständlich einiger Bedarf an Inneneinrichtung zustande. Lederbezogene Möbel? Glas, Porzellan oder Keramik? Intarsien? Die noch einmal knapp 400 Seiten des dritten Band lassen darüber keine Frage offen!
Nehmt ihr all das Gehörte zusammen, dann dürfte Euch unsere Begeisterung für verständlich werden, bieten die Bände zudem doch eine nahezu unversiegbare Quelle an nützlichen und in Form von Artikeln verarbeitbaren Informationen. Dass der Preis, trotz der biblischen Dicke, trotz vieler Skizzen und Abbildungen - von denen zudem immer einige, sorgfältig ausgewählte am Einde eines jeden Bandes die behandelten Aspekte in farblicher Pracht verdeutlichen - nur knapp über 50 € beträgt, ist nur das berümte Tipfelchen am i ...
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