Kirche und Tanz : Besser nicht zuviel schminken ... Quellen - Teil 2
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Einige Worte vorab ...
Hier sitzt er nun, der Autor, von innerlichem Zwiespalt zerrüttelt, und weiß nicht recht, wie Jenes, das er als heutigen Beitrag geplant, nun rechterdings zu formulieren sei. Um den Tanz soll es nämlich gehen, genauer um mittelalterliche Tanzessitten, und ein wenig auch um das Verhältnis der Kirche zu den Tanzenden, ein Thema - nicht gänzlich unkritisch -, das wir ja bereits im ersten Teil dieser Serie schon zur Sprache brachten.
Nun ist es aber so, dass wir uns stets auch am Puls der Zeit bewegen, indem wir wachsam die kleinformatigen Nachrichten studieren, die in unseren Breiten kostenlos verteilt, tiefe und fundierte Einblicke bieten in Politik und gesellschaftliche Entwicklungen, oder aber wir abends, auf dem Sofa lagernd, die kleinen laufenden Bilder bestaunen und die lustigen Geräusche, die auf wunderliche Weise aus dem Televisionsgeräte uns entgegenströmen.
So also ruhten wir und berauschten uns (nein, nicht daran woran ihr denkt), berauschten wir uns also an 'dem' Tanz- und Ballereignis der diesjährigen Saison - denn, vergessen wir nicht, es ist der Höhepunkt der närrischen Zeit - an jener Begebenheit also, von der man in jedem Winkel hierzulande spricht, im Land der Bajuvaren natürlich auch und der wilden Sachsen, ebenso bei den Franken und Bretonen, bei Welschen und Mohren (sollten Beamte der Gedanken... äh, der Sprachpolizei anwesend sein, dann bitte ich um Mitteilung der aktuell politisch korrekten Bezeichnungen für angeführte Volksgruppen per email!), ja, auf der ganzen Welt. Explosive Rhythmen, heißblütige Tänzer, fantasievolle Kostüme, orgiastische Zuckungen - ja, ihr habt es natürlich längst erraten, wir sprechen vom wahren und einzigen Wiener Opernball!
Und diese Berichterstattung, vor der wir offenen Mundes und staunenden Auges saßen, ließ uns in unseren festen Absichten schwankend werden. Denn, das sei euch verraten, wir wollten euch neuerlich vor diesem liderlichen Tun warnen, dem Tanze nämlich, auf dass euch nicht das ewige Höllenfeuer drohe. Damit dieses Warnung aber bereitwilliger durch eures Ohres Pforte Einlass finde, gedachten wir sie eher von bewährteren Lehrmeistern aussprechen zu lassen als wir es sind, von unseren mittelalterlichen Kirchenvätern nämlich.
Sollen wir also einfallen in den Chor der Bewunderer unserer Schönen und Allerschönsten? Oder in jenen, die mahnend den Zeigefinger heben und drohen, dass dereinst selbst begnadeten Baumeistern der Einlass verwehrt bleiben könnte ins Himmelreich, soferne sie zuviel dem Tanze zusprechen. Also sei's darum: wir wollen es bei unserem ursprünglichen Absichten belassen und die alten Quellen sprechen lassen, auf dass ihr dereinst selig werdet.
Die Vorbereitungen zum Tanz: Schon da lauern Sünde und Verderben!
Habt also gut Acht ihr Männer, denn schon die Kleider der Mägdelein 'verblenden die hertzen der knaben, als judith tet dem fursten Olifernes'. Wen wunderts bei all den 'langen zerhauwen, zottechten ermeln' und den 'spitzen engen wißen schühelin', mit welchen sich das schönere Geschlecht so gerne schmückt bei Tanzgesellschaften. 'zum andern male sundent sie in jre zierung vnd schmuckunge mit schleiern, gurteln, kostbarn cleidern vnd andern dingen' ... 'daß sie reitzen die hertzen der die sie sehen zu vnkuschen gedenken' ...
(An dieser Stelle sei angemerkt, dass meine diesbezügliche Anfrage an einen mir bekannten Theologen, ob denn nun die Vermeidung von Weibsvolk, das sich in derartig aufreizende Gewandungen zu hüllen pflegt - etwa dadurch, dass man(n) nur noch die von Studententagen bestens bekannten Reiz-und-Wäsche- beziehungsweise Fastnacktgschnas besucht und solcherart den Anblick von allzuviel aufreizender Bekleidung, insbesondere der langen, zottigen Ärmeln, meidet, dass also diese Anfrage leider nicht zur erhofften positiv-enthusiastisch Antwort führte. Warum auch immer ...)
Vielleicht ist die abschlägige Antwort den weiteren listigen Schlichen geschuldet, welcher sich besagtes Weibsvolk bedient, um der armen Männerwelt raffiniert die Sinne zu verwirren. Denn, so unser geistlicher Mahner, sie verwenden Salben 'vnd schmirn sich mit farwe. die verberergen ir antlittzer, die jne got geben hat vnder die farwe, ob sie villicht bleich sint von siechtagen, von vnkuschheit, oder sußt ... vnd wellent beßer meister sin dan got.' Schminken als Zeichen von Verdorbenheit? Im kirchlichen Kontext wurde es gerne so dargestellt, wie auch der hier angeführte Liedertext aus der berühmten Carmina Burana belegt. Was wohl der gute Prediger zu unserer Pharmaindustrie geäußert hätte und zum Warenangebot der Drogeriemärkte?
Aber, als ob das der weiblichen Raffinesse noch nicht genug wäre, 'zierent sie ir heupte mit krentzen, mit cronen, mit guldin schapeln, mit perlen, etc. glich als man tut den pferden, die man verkeuffen wil, und den roßen, vff den man turnieren will: der heupt ziert man mit strußfedern, blumen vnd grunem buchßbaum.' Aber Achtung, denn 'sölich zierung ist ein bereitunge, daß der tufel vff vnd jn sie sitzt und wider got vicht vff jne vnd vil selen darnider slet vnd sticht: also sint sie pferde des tufels. auch geben sie einander zu tragen cleinet (Kleinodien), fürspenglin oder schepelin' ... 'solch cleinet haben sie vast liep vnd laßent sie vngern von jne' ... 'auch tragen sie hare in löcken von andern toten frowen (Perücken)' ... 'wan sie da mit machen hörner an die heupter, die sie mit schnürn herte vmbinden.'
Also, ihr lieb Töchterlein, lasst euch dies ausgewogene Pläydoyer (es entstammt der schon im im ersten Teil der Serie zitierten Predigt, die uns in einer Wiener Handschrift aus dem 15. Jahrhundert erhalten ist) zu Herzen gehen: Übertreibt es nicht mit dem Schminken und der burgundischen Mode. Und Hörner haben an den Köpfen nichts verloren, weder beim Tanz noch in der Ehe ... Apropos Ehe. Was ist bei all diesen Mahnungen mit den Männern? Nun, die sind - natürlich - wie immer die Opfer, die den Umgarnungen des schöneren Geschlechts nur schwer zu widerstehen vermögen ...
Hmm, vielleicht sollte es der Ausgewogenheit wegen doch noch erwähnt werden, dass nicht alle Zeitgenossen unserem Prediger vorbehaltlos zugestimmt haben dürften. So feiern die Maler des ausgehenden Mittelalters und der Renaissance (wie Lucas Cranach der Ältere im obigen Gemäldeausschnitt) vielfach unverhohlen die weibliche Schönheit - ob nun mit oder ohne prächtige Bekleidung -, an den Fürstenhöfen hatte man ohnehin stets im (modischen) Trend der Zeit zu sein und die reiche Bürgerschaft suchte den Adel diesbezüglich nachzuahmen. Predigten war schließlich nie ein probates Mittel gegen modische Auswüchse. Aber, ihr geplagten Väter, lasst euch eines sagen: Die Zeit erledigt Vieles ...
So, nun sind sie getroffen, die Vorbereitungen zum Tanz. Wie's beim Tanz selbst zugeht, und welche Strafen die Tänzer ereilen können (außer dem obligatorischen Höllenfeuer), das wollen wir euch ein anderes Mal verraten ...
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