Malerei: Figur und Farbe - Teil 9
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Nachdem wir uns zuletzt endlich an die Figuren der rechten Darstellungsseite herangewagt hatten, und zwar, wie es sich stan- desgemäß gebührt, mit der hohen Dame im Vordergrund, lag es anschließend nahe, die gesamte Reitergruppe zu vollenden. Ei- nerseits wollten wir dabei eine gewisse Vorlagentreue einhalten, andererseits aber doch auf eigene Rahmenbedingungen Rück- sicht nehmen, etwa die geplante Gestaltung der Hintergründe, auf auf die Erzielung der gewünschten Gesamtstimmung, etc.
Also waren da noch ein hoher Herr und eine ebensolche Dame, wohl ein Paar, weil vertraulich ein Reittier sich teilend, zu gestal- ten. Interessant dabei ist allemal die Kopfbedeckung des Edlen, die mehr einem Krähennest, denn einem Hut oder einer Kappe nach unseren Vorstellungen ähnelt. Nun, soviel sei versichert, sie ist der berühmten Vorlage nachempfunden, der wir die Reiter- gruppe verdanken, und somit kein Auswuchs unserer überbordenden Phantasie. Tatsächlich finden sich in der zeitgenössischen mittelalterlichen Literatur oder in Abbildungen aus dieser Zeit genügend Beispiele für derartige Verrücktheiten. Die damalige Mo- de, speziell jene der ruhm- und durchaus auch protzsüchtigen Oberschicht, zeigte sich häufig wenig dezent und unauffällig.
Die Farbgebung des herrschaftlichen Untergewandes, nämlich schwarz, verweist wieder auf das verhältnismäßig junge Entsteh- ungsdatum der Vorlage im 15. Jahrhundert des späten Mittelalter. Früher nämlich war das Schwarz den geistlichen Ständen vorbehalten. Die Damen hingegen bedecken den Kopf züchtig mit dem Schleier. Das Haar frei trugen allenfalls unverheiratete, üblicher weise sehr junge Mädchen. Ein Falke und ein zweites Tier (das leider mehr der Wachtel als dem stolzen Jäger ähnelt) verdeutlichen, dass wir es mit einer Jagdgesellschaft zu tun haben, die aber erst auf dem Weg zu dieser edlen, blutigen Ver- gnügung zu sein scheint, denn immerhhin spielen noch die begleitenden Musikanten auf. Man will schließlich unterhalten sein.
Von der Farbgestaltung fallen die kräftigen Farben des Herrn und der blauen Dame auf. Im Gegensatz dazu wurde bei der zwei- ten Dame eine neue Technik erprobt, mit deren Hilfe sich auch bei Verwendung von Beize sehr helle, fein strukturierte Farben erzielen lassen. In dieser Form ähnelt die fertige Figur den vergilbten, ausgebleichten Vorlagen, wie wir sie heute kennen. Ein interessanter Effekt, auch wenn die Originale ursprünglich wohl in grelleren Schattierungen glänzten. Die unterschiedlichen Far- ben selbst, die sich in der Reitergruppe vereint finden, wurden dabei schon unter Berücksichtigung der späteren Hintergrund- gestaltung ausgewählt.
Die Änderungen auf der linken Seite, ein Farn hier, der dem noch farblosen Boden entsprießt, ein Baumstamm dort, Blattwerk, das zu grünen beginnt, sind nicht die Folge unsystematischen Arbeitens, (dass wir, wir gestehen es, dennoch oft genug prak- tizieren), sondern jene sparsamen Mitteleinsatzes, wenn denn eine gemischte Farbkombination bis zur Neige verwendet werden soll, anstatt man deren Reste in den Abguss zu versenken gedenkt. An Figuren selbst steht nur noch das Einhorn blass, zu blass, vor uns. Danach wird es wohl endgültig ernst werden mit dem Gestalten der großen Grünflächen - eine Herausforderung, wohl, aber das ganze Brett ist ohnehin nur als Übungs- und Vorbereitungsobjekt für spätere Projekte gedacht ...
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